Driftet Italien nach rechts?
18. Februar 2013Armut, steigende Arbeitslosenzahlen und der Zusammenbruch der traditionellen Politik: beste Voraussetzungen für eine politische Radikalisierung. Am Sonntag und Montag (24./25.02.) wird in Italien gewählt, da selbst die "technokratische" Regierung von Mario Monti es nicht geschafft hat, das italienische Parlament zur Unterstützung des Reformkurses zu bewegen. Kurz vor Weihnachten hatte der ehemalige Premierminister Silvio Berlusconi Monti seine Unterstützung entzogen und ihn somit zu vorgezogenen Wahlen gezwungen.
2012 fiel Italiens Wirtschaftsleistung kontinuierlich und auch die Vorhersagen des italienischen Statistikinstitutes ISTAT für 2013 sind wenig rosig. Die politische Ungewissheit schlägt bereits negativ auf die Aktienkurse durch.
Die Zahl der Ausländer, die in Italien leben, stieg 2011 um 7,9 Prozent. Allerdings liegt der Anteil in der Gesamtbevölkerung nur bei 7,5 Prozent liegt. Der Großteil der Einwanderer - 86,5 Prozent - lebt in Norditalien, wo die wirtschaftlichen Zentren liegen. Dort haben rechte Parteien wie die populistische "Lega Nord" den größten Zulauf.
Europas Neue Rechte
Im Sommer 2012 veröffentlichte die links-gerichtete italienische Zeitung La Repubblica eine Untersuchung zum "Neuen Rechtsextremismus" in Europa. Die Autoren stellen fest, dass die Mitgliedszahlen von rechtsextremen Parteien zunehmen. Zwar erhalten diese Parteien, so der Journalist Paolo Berizzi, nur wenig Stimmen, "aber die Ideen, die diese Parteien propagieren, setzen sich durch, sogar bei den Wählern, die früher für linke Parteien gestimmt haben."
Der britische Think-Tank Demos beschreibt in einem Bericht, dass rechtsextreme Bewegungen in verschiedenen europäischen Ländern vermehrt Bündnisse eingehen. Die Parteien, so Demos, fokussieren sich bewusst auf gewisse Themen - etwa die Lage von Arbeitern in Norditaliens Industriegebiet, die arbeitslos geworden sind - um Zulauf zu gewinnen. Oft geschehe dies auf Kosten der traditionellen Linken.
"Die rassistischen und antisemitischen Einstellungen, die früher den Rechtsextremismus ausgemacht haben, sind eine Sache der Vergangenheit", heißt es im Bericht. "An ihre Stelle tritt die Betonung von Kultur und Werten, angesichts der steigenden Immigration und dem europäischen Islam, der als kulturelle Bedrohung dargestellt wird."
Keine Splitterpartei
Gewissermaßen tut die Lega Nord genau das. Zwar stellt sich die Partei nicht als rechtsextrem dar, sondern nennt sich selbst gern populistisch und separatistisch. Allerdings bezieht die Partei ausdrücklich Position gegen die "fundamentalistische islamische Gefahr", die die "alte europäische Hegemonie" bedroht.
Die Lega Nord macht Italiens Rechte so außergewöhnlich. Sie ist keine kleine Splitterpartei, sondern eine Partei, die über Jahre hinweg im Mittelpunkt der italienischen Politik steht. In den letzten zwei Regierungen unter Berlusconi gab die Lega Nord zusammen mit Berlusconis konservativem "Popolo della Libertà" (PDL) den Ton an. Der neue Anführer der Lega Nord, Roberto Maroni, (großes Bild oben) will neuer Regierungspräsident der norditalienischen Lombardei werden. Maroni hat sich erneut mit Silvio Berlusconi zusammengetan, um im nationalen Parlament eine rechte Mehrheit zu erreichen.
James Waltson, Professor an der American University in Rom, glaubt nicht, dass Berlusconi diesmal die Wahl gewinnen wird. Allerdings könnte er "das Parlament so destabilisieren, dass der Gewinner nicht regieren kann".
Steigender Rassimus?
Im Januar 2013 wurden Kevin-Prince Boateng und andere afrikanische Spieler während eines Freundschaftsspiels zwischen Berlusconis AC Milan und dem Zweitligisten 'Pro Patria' mit rassistischen Rufen aus den Zuschauertribünen begrüßt. Nach Berichten der Zeitung "Il Fatto Quotidiano" gehörte ein Ratsmitglied der Lega Nord, zuständig für Sport und Jugend, zu den rassistischen Rowdys.
Zwar verurteilten Berlusconi und die Lega Nord das Geschehen. Rassismus, so Berlusconi, sei "inakzeptabel". Er lobte das Fußballteam dafür, dass es demonstrativ den Spielplatz verließ.
Doch Berlusconis Einstellung zu Rassismus scheint, bestenfalls, wirr: So hat er einmal den US-Präsidenten Obama "ziemlich gebräunt" genannt und einem deutschen Europabgeordneten gesagt, dass er bestens geeignet sei für eine Filmrolle als Nazi. Alle Äußerungen von Berlusconi sind vorsichtig abgewogen, mit einem Auge auf die Wahlkampagne. Er ist berühmt für seine Fußball-Terminologie. Sein Fußballteam, AC Milan, setzt er für politische Zwecke ein. So hat er vor kurzem als Zeichen der Stärke Mario Balotelli, einen schwarzen Fußballspieler, von Manchester City angeheuert.
Rassistische Sprechchöre auf dem Fußballfeld sind ein Zeichen von Ignoranz, aber schlimmer noch, von Wut und zunehmender Gewalt in vielen Teilen der italienischen Gesellschaft. Inmitten der Ignoranz, des Durcheinanders und Verwirrung der italienischen Politik, sind die Rechtsextremen auf gutem Wege, das politische Mittelfeld für sich einzunehmen, fürchten politische Beobachter.