Drogen im Senegal: mehr Kokainhandel, weniger lokaler Konsum
10. Juni 2024In Senegal blüht der Drogenhandel: Im April war es den senegalesischen Zollbehörden gelungen, eine Rekordmenge an Kokain mit einem Gewicht von über einer Tonne abzufangen. Die in Paketen und Säcken versteckte Droge wurde in einem Lastwagen in der Stadt Kidira nahe der Grenze zu Mali gefunden.
Mit einem Wert von 146 Millionen Dollar ist dies die größte Beschlagnahmung von Kokain im Inland im Senegal. Derartige Beschlagnahmungen von Drogen kommen in dem westafrikanischen Staat immer häufiger vor. Zum Beispiel im November 2023: Damals beschlagnahmte die Marine drei Tonnen Kokain auf einem Schiff vor der Küste, wie internationale Nachrichtenagenturen meldeten.
Die strategische Lage Senegals macht das Land zu einem wichtigen Transitpunkt für lateinamerikanische Kartelle, die Drogen nach Europa und darüber hinaus schmuggeln. Im Gegensatz dazu ist allerdings der Kokainkonsum in der Region auf ein Minimum gesunken.
Rückgang des lokalen Konsums
"Der Kokainkonsum ist im Vergleich zu den 1990er Jahren stark zurückgegangen, der Transitverkehr hat jedoch zugenommen", sagt Andre Correa, ein unabhängiger Berater im Kampf gegen die Jugendkriminalität, im DW-Interview.
Früher nahm Correa selbst Kokain. "Zu unserer Zeit, in den 1980er Jahren, haben wir es durch Schnüffeln konsumiert. Jetzt haben sie es in Kugeln verwandelt." Gemeint ist die kristalline Form der Droge, die geraucht werden kann und auch als Crack bekannt ist. Crack bietet eine intensivere Wirkung, ist in der Regel unreiner und daher für viele Drogenkonsumenten billiger zu haben, erläutert Correa.
Einst gab es in der Hauptstadt Dakar Gegenden wie Medina, Grand Dakar und Parcelles Assainies, in denen Crackraucher - vor allem nachts - anzutreffen waren. Doch heute ist selbst diese erschwinglichere Version der stark süchtig machenden Droge kein alltäglicher Anblick mehr.
Veränderung der Handelsströme
Die Verwicklung Senegals in den Kokainhandel ist nur ein Aspekt eines größeren Trends zum umfangreichen Handel in der Subregion, sagt Amado Philip de Andres, der regionale Vertreter für West- und Zentralafrika beim Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC).
"Im Vergleich zwischen 2019 und 2024 nehmen die Kokainbeschlagnahmungen und der Kokainhandel in Westafrika eindeutig zu. Guinea-Bissau ist nicht mehr das Haupteinfallstor", sagt de Andres zur DW. "Kokain wurde auf den Kapverden, in Senegal, Gambia, Guinea-Bissau, Liberia und der Elfenbeinküste sichergestellt. Wir haben auch eine Zunahme des Kokainhandels nach Togo und Benin festgestellt", betont er.
Laut einem aktuellen Bericht des UNODC-Büros ist der Drogenhandel auch weiter landeinwärts, in den Ländern der Sahelzone, fest verankert und untergräbt Frieden, Stabilität und Entwicklung in der Region. Bewaffnete Gruppen profitieren vom Schmuggel und treten untereinander in Wettbewerb. Zugleich verringert Korruption in diesem Zusammenhang die Legitimität der staatlichen Institutionen.
Die Sahelländer, zum Beispiel Burkina Faso, Niger und Mali, spielen inzwischen ebenso eine wichtige Rolle beim Kokainschmuggel nach Europa. Ein Indiz dafür sind auch die in diesen Ländern stark gestiegenen Drogenfunde und Festnahmen.
Für eine wirksame Bekämpfung des Drogenkonsums und Drogenhandels müssten die Sahel-Länder ihre rechtlichen Rahmen für die Strafverfolgung im Einklang mit internationalen Standards stärker ausbauen, lautet eine Empfehlung im UNODC-Bericht.
Auswirkungen vor Ort
Die Trends und Muster des Handels ändern sich zwar, aber dennoch hat der Drogenhandel auch weiterhin schwerwiegende Folgen für die lokale Bevölkerung.
Mor Gassama, ein Wirtschaftswissenschaftler aus dem Senegal, hebt die Bedeutung des Landes als Drehscheibe für Drogenschmuggel hervor und betont gleichzeitig die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die Wirtschaft.
"Der Verkehr ist extrem dicht, und Dakar bleibt eine Transitzone, auch wenn ein Teil davon vor Ort konsumiert werden dürfte. Das ist keine gute Nachricht, vor allem nicht für die Gesundheit der Bevölkerung. Zudem fördert es den Umlauf von Schwarzgeld", so Gassama.
Als Reaktion auf den ausufernden Drogenhandel hat das UNODC-Büro aktiv mit den Mitgliedsländern zusammengearbeitet, um die Grenzkontrollen zu verstärken und auf diese Weise den Drogenhandel und die Schwerkriminalität in Afrika zu bekämpfen, sagt de Andrés. Doch die Rekordmengen an Beschlagnahmungen der Droge Kokain in der Region halten an.
Adaptiert von Martina Schwikowski.