Chaos-Wahl?
4. November 2008Drei Dinge fürchtet Amerika am Tag vor der Wahl wohl am meisten: Chaos durch zu viele Wähler, Chaos durch gestörte Wahlmaschinen und Chaos durch ein zu knappes Ergebnis. In jedem Fall: Chaos.
"Unsere Wahlprozeduren werden einem Test ausgesetzt sein, wie es in der jüngeren Geschichte noch nie passiert ist", sagte Tova Wang von der angesehenen Organisation "Common Cause", die Wahlen überwacht. Neue Technologien, neue Wähler-Registriermethoden, ein Regel-Wirrwarr und eine erwartete Rekordbeteiligung von bis zu 130 Millionen Bürgern – das zusammen sei "ein Rezept für eine mögliche Katastrophe", so Wang.
Knappe Stimmzettel?
Das geringste Problem dürften da die langen Schlangen sein: Durch die enorme Beteiligung müssen die Wähler damit rechnen, stundenlang vor den Wahllokalen anzustehen. Auch die Stimmzettel könnten aufgrund der Wählermassen ausgehen, befürchten Experten. Und die Öffnungszeiten der Wahllokale dürften kurzfristig um mehrere Stunden verlängert werden - was wiederum das End-Ergebnis nach hinten verzögern würde.
Unsichere Wahlmaschinen
Und dann ist da die Technik: 80 Prozent der Wähler geben ihre Stimme an Wählmaschinen ab. Drei Milliarden Dollar Bundesmittel hat Amerika nach den letzten Wahldebakeln für neue Maschinen ausgegeben. Aber immer noch wird ein Drittel der Wähler elektronisch abstimmen, durch Fingerabdruck auf dem Computerbildschirm, ohne jegliche Papierunterlagen als Nachweis - falls die Software abstürzt. Sollte das passieren, hat Amerika ein Problem - und es wäre nicht das erste Mal. Bei den Kongresswahlen vor zwei Jahren erlebte Florida dieses Alptraumszenario.
Überhaupt sind die Regeln für die Stimmabgabe chaotisch - und von Staat zu Staat unterschiedlich. In einigen Staaten darf man ein T-Shirt mit dem Konterfei des bevorzugten Kandidaten tragen - in anderen Staaten nicht. In manchen Staaten braucht man einen Ausweis mit Lichtbild, um wählen zu dürfen - in anderen nicht.
Datenbank mit Tücken
Um Verwirrungen zu verhindern, wurde für diese Wahl ebenfalls eine verschärfte Wählerregistrierung eingeführt. Die Wählerdatenbank sollte helfen, Registrierungen unter falscher Identität aufzuspüren. Tatsächlich flogen mehrere tausend Fälle falscher Eintragungen auf. So registrierten sich "Wähler" zum Beispiel unter den Namen "Mickey Mouse" oder "Good Luck".
Jedoch könnte die Datenbank auch ganz normale Wähler vor große Probleme stellen: Bereits ein Tippfehler bei der Eingabe des Namens in die Datei kann bedeuten, dass der eingetragene Wähler nicht zur Abstimmung zugelassen wird. Das könnte bei der US-Wahl am Dienstag (04.11.2008) zu massiven Protesten führen, befürchtet Wahlexperte Martin Waldmann vom "Brennan Center". Er nennt das System "eine Ausgrenzung per Tippfehler".
Sollten sich diese Probleme bei der US-Wahl häufen - und das Ergebnis dadurch knapp ausfallen, könnte der teuerste Wahlkampf aller Zeiten auch noch eine juristische Schlacht nach sich ziehen: John McCain und Barack Obama halten bereits tausende Anwälte bereit, um notfalls ihren Sieg vor Gericht zu erstreiten. (ako)