Droht Papandreou das Aus?
4. November 2011Die politische Krise in Griechenland spitzt sich weiter zu. Nachdem das Referendum über das Hilfspaket für die Griechen nach massivem internationalem Druck doch abgesagt wurde, entscheidet sich am Freitag (04.11.2011) das politische Schicksal des griechischen Regierungschefs Giorgos Papandreou. Er will sich am späten Abend im Parlament in Athen einer Vertrauensabstimmung stellen.
Papandreous Ankündigung, sein Volk über die Milliardenhilfen und den dafür nötigen Sparkurs abstimmen zu lassen, hatte innen- wie außenpolitisch für Aufruhr gesorgt. Seine Versuche, die innenpolitische Krise am Donnerstag durch einen Rückzug von diesem Plan wieder zu entschärfen, schienen zunächst Wirkung zu zeigen. Der Sozialist und die verfeindete konservative Opposition gingen zunächst nach monatelangem Streit aufeinander zu, um eine Übergangsregierung zu bilden. Doch am Abend forderte Oppositionschef Antonis Samaras im Parlament den Rücktritt Papandreous.
Papandreou deutet Rücktrittsbereitschaft an
Der Regierungschef signalisierte daraufhin, dass er unter bestimmten Umständen zum Rückzug bereit sei. Er klebe nicht an seinem Stuhl, sagte er im Parlament. "Ich will nicht unbedingt wieder gewählt werden." Papandreou warf Samaras aber vor, Forderungen zu stellen, die nicht sofort umsetzbar seien. Das Land könne nicht plötzlich ohne Regierung bleiben. Er sei bereit, mit der oppositionellen Nea Dimokratia (ND) zu verhandeln und eine Übergangsregierung zu bilden.
Papandreou hatte erklärt, die Absage des Referendums sei die Voraussetzung dafür gewesen, dass Gespräche mit der Opposition zur Bildung einer Übergangsregierung zustande kommen. Doch der einzige Weg, damit Griechenland im Euroland bleibt, sei die Einhaltung der Vereinbarungen mit den Partnern in der EU.
Papandreou forderte die Abgeordneten seiner sozialistischen Fraktion (PASOK) auf, ihm am Freitag das Vertrauen auszusprechen, damit er auf die Bildung einer Übergangsregierung hinarbeiten könne. Doch der Regierungschef hat im Parlament wegen einer zunehmenden Zahl an Abweichlern womöglich keine Mehrheit mehr. Die regierenden Sozialisten haben nur eine Mehrheit von zwei Sitzen. Bevor Papandreou seine Referendumspläne zurückzog, hatten zwei Abgeordnete bereits öffentlich erklärt, sie wollten Papandreou das Misstrauen aussprechen. Sollte Papandreou die Vertrauensabstimmung verlieren, müssen binnen 30 Tagen Neuwahlen stattfinden. In den griechischen Medien wurden bereits die Namen möglicher Nachfolger des Premiers gehandelt.
Übergangsregierung soll Griechenland führen
Nach Informationen des Staatsfernsehens NET soll Papandreou eine Regierung aus seiner PASOK und der ND anstreben, die für die kommenden sechs Monate die politische Leitung des Landes übernehmen soll. Von hochrangigen ND-Quellen hatte es zunächst geheißen, die Übergangsregierung solle aus Experten und nicht aus Politikern bestehen. Auch zahlreiche Minister und Abgeordnete der Regierungspartei forderten die Bildung einer "Regierung der Nationalen Rettung".
Samaras Nea Dimokratia hatte sich bisher strikt Papandreous strengem und unbeliebtem Sparkurs verweigert. Doch dieser ist notwendig, damit das Land im Gegenzug weitere internationale Hilfen erhält, ohne die Griechenland Mitte Dezember pleite wäre.
Am Vorabend hatten Deutschland und Frankreich den Druck auf Griechenland erhöht. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte beim G20-Gipfel in Cannes mit Blick auf die innenpolitischen Ereignisse in Griechenland: "Für uns zählen Taten, nichts anderes". Das Land müsse die Reform- und Sparbeschlüsse des EU-Gipfels vom 27. Oktober umsetzen. Auch die sechste Hilfszahlung in Höhe von acht Milliarden Euro könne erst fließen, wenn Griechenland zu seinen Verpflichtungen stehe.
Griechenlandkrise bestimmt G20-Gipfel
Die führenden Industriestaaten der Welt (G20) kommen heute in Cannes zum zweiten und letzten Tag ihrer Beratungen zusammen. In den Gesprächen soll es mitunter um die Themen Klima und Energie gehen. Doch zu erwarten ist, dass die Schulden- und Griechenlandkrise auch den zweiten Tag des Gipfels bestimmt. Denn bislang drehte sich das Treffen in Südfrankreich um die Situation in der Euro-Zone und speziell in Griechenland. Doch auch andere Sorgenkinder wie Italien mit dem angekündigten Reformvorhaben der Regierung von Silvio Berlusconi werden im Fokus des Gipfels stehen.
Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, dapd, afp)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot