Duisburgs Bürger wählen Sauerland aus dem Rathaus
12. Februar 2012Der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland verliert wegen der Loveparade-Katastrophe im Juli 2010 sein Amt. Bei einem Bürgerentscheid stimmten genau 129.833 der rund 365.000 wahlberechtigten Duisburger für die Abwahl des CDU-Politikers, wie Wahlleiter Peter Greulich mitteilte. Das waren 35,5 Prozent. Die gesetzliche Hürde für eine gültige Abwahl lag bei gut 91.000 Stimmen oder 25 Prozent der Wahlberechtigten. Für einen Verbleib Sauerlands im Amt sprachen sich nur rund 21.500 Bewohner aus. Die Wahlbeteiligung lag bei 41,6 Prozent. Laut der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung hat Sauerland nun bis Mittwoch Zeit sein Amt zu räumen, Neuwahlen müssen innerhalb von sechs Monaten folgen.
Eine Bürgerinitiative hatte mit Unterstützung von SPD, Grünen, Linkspartei und Gewerkschaften Sauerlands Abwahl beantragt, weil sie dem Oberbürgermeister Fehler bei der Genehmigung der Großveranstaltung und Versagen im Umgang mit den Angehörigen der 21 Todesopfer vorwirft. Tatsächlich entschuldigte sich der Lokalpolitiker erst nach gut einem Jahr für die Katastrophe. Sauerland selbst hat jede Schuld an der Massenpanik stets von sich gewiesen. Die Bürgerinitiative hatte den Entscheid in Duisburg mit der Sammlung von knapp 80.000 Unterschriften erzwungen.
"Abstimmung ein demokratischer Schlusspunkt"
Der 56 Jahre alte Sauerland hatte sich bis zuletzt optimistisch gezeigt. Er gehe davon aus, dass er auch nach Abschluss des Verfahrens Stadtoberhaupt sein werde, sagte er der "Bild"-Zeitung. Im Zusammenhang mit dem Abwahlverfahren sprach Sauerland von einer "Kampagne" und einer "parteipolitischen Abrechnung". "Gut ist, dass mit der Abstimmung ein demokratischer Schlusspunkt gesetzt wird, den danach jeder akzeptieren muss." Der CDU-Politiker hatte 2004 die jahrzehntelange Herrschaft der Sozialdemokraten in Duisburg gebrochen und war 2009 für sechs Jahre wiedergewählt worden.
Schuldfrage bis heute nicht geklärt
Wer Schuld an der Katastrophe vom 24. Juli 2010 hat, ist bis auf den heutigen Tag nicht geklärt. Bei dem Unglück und in den Tagen danach starben 21 Menschen, 541 Menschen erlitten Verletzungen. Zu dem Loveparade-Festgelände an einem stillgelegten Duisburger Güterbahnhof gab es nur einen einzigen Zugang, der durch einen Straßentunnel unter den Bahngleisen von zwei Seiten aus zu erreichen war. Er diente gleichzeitig als Ausgang. Dort trafen am späten Nachmittag Massen von Techno-Fans aufeinander; es entstand eine so unerträgliche Enge, dass Menschen zerquetscht und totgetreten wurden.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 Beschuldigte, darunter elf Mitarbeiter der Duisburger Stadtverwaltung, fünf Mitarbeiter des Loveparade-Veranstalters Lopavent sowie ein Polizeibeamter. Sauerland und Loveparade-Veranstalter Rainer Schaller gehören nicht zu den Beschuldigten. Ein Ende der Ermittlungen ist bislang nicht in Sicht. Die Staatsanwaltschaft wertete bisher 3370 Zeugenaussagen aus.
sti/se (dpa, dapd, epd)