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"Mehr politische Unterstützung"

Naomi Conrad21. Mai 2015

Ensaf Haidar, die Ehefrau des inhaftierten saudischen Bloggers Raif Badawi, ist zu Demonstrationen für die Freilassung ihres Mannes nach Berlin gekommen. Im DW-Interview spricht sie über die Solidarität für ihren Mann.

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Ensaf Haidar, Frau des Bloggers Raif Badawi (Foto: picture alliance/empics)
Bild: picture alliance/empics

Deutsche Welle: Wann war das letzte Mal, dass Sie mit ihrem Mann Raif Badawi gesprochen haben, und was hat er Ihnen gesagt?

Ich habe mit Raif in dem Moment gesprochen, als ich hier in Europa, in Norwegen, eingetroffen bin. Als ich dort ankam, wollte er mich sprechen und sicher sein, dass es mir gut ginge. Deswegen telefonierte ich mit ihm und erzählte ihm von dem, was hier passiert, von den ganzen Protestaktionen für ihn.

Wie geht es ihm? Geht es ihm gut?

Nein. Psychisch und gesundheitlich geht es ihm nicht gut. Obwohl Raif mir nicht viel über seine Situation im Gefängnis erzählt. Aber wenn ich seine Stimme höre, spüre ich seine Erschöpfung und seinen Schmerz. Eine Verbesserung spüre ich nur manchmal, wenn ich ihm von der internationalen Solidarität berichte, wenn ich ihm erzähle, dass wir nie aufgeben werden und dass er, wenn Gott es will, hoffentlich irgendwann bald doch freigelassen wird. Aber natürlich ist das alles noch völlig unklar. Seine Stimmung ist manchmal mehr negativ, manchmal mehr positiv.

Was haben die Proteste bisher erreicht? Und: Benötigen Sie noch mehr politische Unterstützung?

Ja, es muss noch mehr politische Unterstützung geben. Die internationale Gemeinschaft sollte nicht nur über Raifs Freilassung aus dem Gefängnis reden - sondern auch darüber, dass er dann Saudi-Arabien auch verlassen kann und sich mit uns, seiner Familie, wieder vereinigen kann. Was die Protestaktionen betrifft, so geben diese uns natürlich eine emotionale Unterstützung. Ich möchte allen Beteiligten für diese Aktionen danken und hoffe, dass sie weitergehen werden, bis Raif seine Freiheit wiedererlangt.

Raif Badawi
Raif BadawiBild: privat/Amnesty International

In Deutschland weigert sich der Präsident des Bundestages, Norbert Lammert, den ägyptischen Präsidenten Abdel Fatah Al-Sisi zu treffen - aus Protest gegen massive Menschenrechtsverletzungen. Denken Sie, dass die deutsche Politik ähnliche Schritte in Bezug auf die diplomatischen Beziehungen mit Saudi Arabien unternehmen könnte?

Ehrlich gesagt, habe ich keine Informationen über politische Themen. Deswegen kann ich darauf keine Antwort geben.

Falls Raif freigelassen wird, wo würden Sie gemeinsam leben wollen?

Wir stellen uns unsere Zukunft in Kanada vor.

Wie erklären Sie eigentlich Ihren Kindern die Situation ihres Vaters?

Die Kinder wissen, dass ihr Vater im Gefängnis sitzt. Ich erinnere sie nicht ständig daran. Ich versuche, so gut ich kann, ihren Schmerz zu erleichtern.

Der Preis, den Ihr Mann und Ihre Familie für die Redefreiheit bezahlen, ist sehr hoch …

Ja, wir zahlen einen hohen Preis dafür. Wir sind getrennt voneinander. Raif ist weit weg von den Kindern - die Kinder weit weg von Raif. Sie wachsen ohne ihn auf. Aber ich bereue nichts. Ganz im Gegenteil - ich bin stolz auf Raif und ich bin auch stolz auf seine Meinungen. Er ist auch stolz auf sich selbst. Und meine Kinder sind stolz auf ihren Vater. Und es wird der Tag kommen, an dem das alles nur noch Erinnerung sein wird.

Das Interview führte Naomi Conrad.

Ensaf Haidar ist die Ehefrau des inhaftierten saudischen Bloggers Raif Badawi. Ein Gericht hat ihn zu 1000 Stockhieben und zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Nach den ersten 50 Stockhieben im Januar wurde die Strafe ausgesetzt. Das Urteil gegen Badawi hatte international Kritik an der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ausgelöst. Im Juni wird Ensaf Haidar beim Global Media Forum in Bonn stellvertretend für ihren Mann den "Deutsche Welle Freedom of Speech Award" entgegennehmen.