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Eifersucht im Netz

Tanja Hilden27. Februar 2013

Können soziale Netzwerke Eifersucht schüren? Und wie. Facebook & Co sind wahre Fundgruben für eifersüchtige Menschen: Hier kann man seinen Partner leicht ausspionieren. Das führt oft zu Missverständnissen.

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Das Facebook-Profil einer gutaussehenden Frau, Foto: Oliver Berg dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Social Media FacebookBild: picture alliance / dpa

Die 25-jährige Julia kontrolliert fast täglich das Facebook-Profil ihres Freundes. Auch heute wieder klickt sie sich durch seine Seite und entdeckt dabei, dass er eine neue Frau in seine Freundesliste aufgenommen hat. Julia wird sofort skeptisch, weil sie die Dame nicht kennt: "Wer ist das denn, woher kennen die sich?“ fragt sie sich argwöhnisch. Und schon ist das Misstrauen da. Tatsächlich gibt es für dieses Phänomen bereits eine wissenschaftliche Bezeichnung: "Digitale Eifersucht".

In sozialen Netzwerken kann man über seinen Partner viele Informationen finden: Aktivitäten, Likes und Dislikes, Bekanntschaften, Verabredungen, Einladungen und nicht zuletzt auch Informationen über den emotionalen Zustand. Zudem ist das Schnüffeln jederzeit und auch heimlich möglich. Der "Beschnüffelte" bekommt davon nichts mit, denn Facebook sagt dem User nicht, wer sein Profil besucht und was er sich dort angeguckt hat. Beim notorisch Eifersüchtigen können schnell die waghalsigsten Spekulationen entstehen. Warum das gerade im Netz so gut funktioniert, dafür gibt es eine Erklärung.

Das Phänomen: digitale Eifersucht

Die Wirtschaftspsychologin Prof. Dr. Wera Aretz von der Hochschule Fresenius in Köln hat in einer Studie zur digitalen Eifersucht untersucht, wie soziale Netzwerke reale Beziehungen gefährden können. Dazu hat sie 214 Menschen befragt. Dabei kam heraus, dass Personen, die ohnehin schon verstärkt zu Eifersucht neigen, auch ein verstärktes Maß an Eifersucht in sozialen Netzwerken empfinden. Diese seien geradezu ein Nährboden dafür, so die Wissenschaftlerin. Gründe dafür seien ein geringes Selbstwertgefühl und die computervermittelte Kommunikation: "Die nonverbalen und paraverbalen Informationselemente, also Gestik, Mimik, sowie die Art und Weise des Sprechens, also Stimmlage und Artikulation, fehlen bei der Kommunikation in sozialen Netzwerken. In normalen Gesprächen benötigen wir diese jedoch zur Einordnung des Gesagten.“ Daher können die Informationen in sozialen Netzwerken mehrdeutig sein und lassen, wie auch bei Julia, einen großen Interpretationsspielraum zu.

Prof. Dr. Wera Aretz, Porträt. Foto: Wera Aretz
Prof. Dr. Wera AretzBild: Wera Aretz

Dieses Problem zeigt sich nicht nur in den sozialen Netzwerken: Auch wer eine SMS schreibt, kann unter Umständen falsch verstanden werden - Tonfall, Mimik und Gestik fehlen auch hier. Darum werden die so genannten Emoticons so gerne eingesetzt. Das sind kleine Symbole, meistens Smileys, die mit lustigen oder traurigen Gesichtern oder auch mit einem Augenzwinkern der Botschaft den richtigen Tonfall verpassen können. Doch auch die lustigsten Smileys können die reale Kommunikation nicht ersetzen.

Facebook: Grund für Scheidungen und Streitereien

Ein Beispiel: Würde Julias Freund in ihrem Beisein auf der Straße eine ihr unbekannte Frau grüßen, könnte sie ihn sofort fragen, woher sie sich kennen. Man würde sich einander vorstellen, ein paar Worte wechseln und Julia könnte dann viel schneller abschätzen, ob es einen Grund zur Eifersucht gibt. Im Netz aber stößt Julia nur auf eine unbekannte Frau in seiner Freundesliste, und das ist ihr nicht geheuer.

Besonders unangenehm ist es für Julia, wenn ihr Partner nach einer Partynacht eine neue Frau bei Facebook zu seiner Freundschaftsliste hinzufügt. Da gehen bei ihr sofort die Alarmglocken an. Sie durchstöbert die Profilseite der Unbekannten, um mehr über sie zu erfahren. Ihr Gedankenkarussel dreht sich, bis sie davon überzeugt ist, dass ihr Freund etwas mit der Unbekannten gehabt hat. Schon oft sei es zwischen den beiden wegen ihrer Eifersüchteleien zum Streit gekommen, erzählt Julia.

Aber nicht nur bei Julia schüren Facebookeinträge und -freundschaften die Eifersucht. Die britische Agentur Divorce-Online zählte 2011 mehr als 1500 Scheidungen, bei denen soziale Netzwerke der Grund für eine Scheidung waren. Eine Inderin soll sich sogar nach zwei Monaten Ehe von ihrem Gatten getrennt haben, weil er seinen Beziehungsstatus auf Facebook nicht in "verheiratet“ ändern wollte.

Raus aus der Eifersuchtsfalle

Wera Aretz ist der Meinung, dass man eine gewisse Eifersucht empfinden darf, jedoch nicht in einem zu hohen Ausmaß: "Man kann nicht verlangen, dass der Partner tatsächlich alle Exfreundinnen boykottiert oder keine neuen Freundschaftsanfragen auf Facebook annimmt, nur um die Liebste in Sicherheit zu wiegen.“

Sie rät Menschen, die unter dieser digitalen Eifersucht leiden, mit dem Partner über seine Ängste zu reden und die Kontrollgänge zurückzufahren. Wenn das aber nicht hilft, gibt es noch eine Möglichkeit: "Man kann sich natürlich die Frage stellen, ob man eine Zeit lang virtuell abstinent ist und beispielsweise den Account tatsächlich löscht.“

Für Julia ist die Abstinenz auf Facebook keine Lösung, sie sagt, dass sie ein wenig Kontrolle über ihren Partner braucht. Es sei denn, ihr Freund würde seinen Account löschen, erst dann würde sich Julia auch abmelden.