Ein Markt für Ostafrika
8. Juli 2010Ob in Kampala oder Kigali: die Euphorie war groß, als Juma Mwapachu den gemeinsamen ostafrikanischen Markt verkündete. Der Generalsekretär der ostafrikanischen Gemeinschaft, kurz EAC, versprach den freien Austausch von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskräften. Dadurch soll nicht nur der Handel zwischen den ostafrikanischen Staaten steigen. Sie sollen auch im internationalen Handel stärker mitmischen. "Ein gemeinsamer Markt wird unser Wirtschaftswachstum ankurbeln und Jobs für unsere Jugend schaffen", sagt Mwapachu.
Chancen für die Jugend
Jobs für die Jugend und arbeiten, wo man will - das freut auch Chrispin Ngawji in Tansania. Der 23-Jährige studiert in Dar es Salaam Politik und öffentliche Verwaltung und will die neue Freiheit nutzen. Nach dem Studium hat der Tansanier ein Praktikum in Ruanda geplant, später würde er gern auch dort weiterarbeiten. "Viele Tansanier sehen Ruanda als aufstrebendes Land", sagt der Student und berichtet über ähnliche Pläne, die er von mehreren Universitätsabsolventen gehört hat. "Die Ruander glauben, dass sie ihre Wirtschaft noch mehr verbessern können, wenn sie viele qualifizierte Leute ins Land holen." Damit ist Ruanda weiter als andere ostafrikanischen Staaten. Denn nur in Ruanda dürfen Bürger aus allen Mitgliedsländern der EAC ohne Visum eine Arbeit annehmen. In allen anderen Ländern muss dafür eine Arbeitsgenehmigung beantragt werden.
Zwei bis fünf Jahre bis zur Umsetzung
Der gemeinsame Markt existiert bisher nur auf dem Papier. Tatsächlich ist er ein längerer Prozess und die Mitgliedsstaaten müssen schrittweise ihre Gesetze anpassen. Laut Experten wird es deshalb noch zwei bis fünf Jahre dauern, bis es einen echten gemeinsamen Markt und eine einheitliche Währung in Ostafrika geben wird. Aber es geht voran, meint Safina Kwekwe Tsungu. Sie vertritt Kenia bei der EAC und lobt ihr Land, weil es zumindest die Gebühren für Arbeitserlaubnisse abgeschafft hat. "Jedes Land hat die Türen geöffnet. Aber das geschah in einem unterschiedlichen Ausmaß. Kenia hat die Türen für die Arbeiter am weitesten geöffnet."
Die Furcht vor der Wirtschaftsmacht Kenia
Doch es gibt nicht nur lobende Worte über Kenia. Das Land hat die stärkste Wirtschaft in Ostafrika. Darüber sind nicht alle Nachbarn froh – sie haben Angst vor einer stärkeren wirtschaftlichen Integration. "Das sind Interessen in Tansania oder auch in Uganda von Wirtschaftsvertretern, die sagen: Wenn wir jetzt sofort aufmachen, dann kommen die Kenianer und kaufen uns die Grundstücke weg, sie nehmen uns die besten Jobs weg und kaufen unsere Firmen auf", sagt Helmut Asche, Experte für afrikanische Wirtschaft an der Universität Leipzig. Er fordert eine bessere wirtschaftliche Anpassung und Kompensationsmechanismen gegenüber den schwächeren Ländern, sonst drohe das Projekt EAC zu scheitern. Denn nur so habe es auch in der Europäischen Union funktioniert, wo Deutschland als größte Wirtschaftsnation auch den Hauptteil der Kosten für die europäische Landwirtschaftspolitik zahlt.
Autor: Adrian Kriesch
Redaktion: Klaus Ulrich