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"Eine gefährliche Lebenslüge"

Britta Dabrinski31. Mai 2004

Nur wenige Tage vor der Eröffnung der "Renewables 2004" tagte in Bonn das Welt-Energie-Forum. Initiativen aus aller Welt diskutierten hier über erneuerbare Energien - und warnten vor einer globalen Katastrophe.

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Fossile Brennstoffe verpesten noch immer die LuftBild: AP

Die Nichtregierungs-Organisationen dominierten - neben wenigen Regierungsvertretern - das Weltenergie-Forum in Bonn. Ihr gemeinsames Ziel ist die internationale Verbreitung erneuerbarer Energien. Laut Hermann Scheer, dem Vorsitzenden des Weltrats und Präsidenten der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien, können die Ziele gar nicht hoch genug gesteckt werden: "Wir zielen darauf ab, aufzuzeigen, dass tatsächlich die gesamte Energieversorgung der Menschheit mit erneuerbaren Energien möglich wäre und dass dieses zum Umweltvorteil und sogar zum wirtschaftlichen Vorteil für die gesamte Weltentwicklung wäre."

90 Prozent fossile Energieträger

Besonders wichtig sei es, dem Vorurteil entgegen zu treten dass erneuerbare Energien nicht ausreichen werden um die heutige atomare und fossile Energieversorgung abzulösen: "Dieses Vorurteil ist längst zur Lebenslüge der Zivilisation geworden. Zu einer gefährlichen Lebenslüge."

Derzeit beruht die kommerzielle Energieversorgung zu über 90 Prozent auf fossilen Energieträgern oder Atomenergie. Fossile Energieträger wie Erdgas, Erdöl und Kohle sind endliche Vorräte, die irgendwann einmal erschöpft sein werden. Ihre Umwandlung in Energie in Form von Strom oder Wärme führt zu erheblichen Emissionen. Zwei Nachteile, die man mit erneuerbaren Energien elegant umschiffen kann. Denn Sonne, Wind, Pflanzen, und Wasser sind im Prinzip unerschöpflich und bergen weder Risiken noch Nebenwirkungen.

Das Ziel: eine Weltagenda

Das Welt-Energie-Forum will jedoch nicht nur Alternativen aufzeigen, sondern auch konkrete Handlungsschritte empfehlen. Ziel ist eine Weltagenda. Sie soll Schritte aufzeigen, wie die Menschheit ihr Energieproblem möglichst schnell lösen kann. Hermann Scheer weiß, dass für eine Lösung der Energiefrage zunächst ein System internationaler Institutionen errichtet werden müsste. "Deswegen fordern wir die Einrichtung einer internationalen Agentur für erneuerbare Energien - als treibende institutionelle Kraft, als internationale Regierungsorganisation, die dann für die weltweite Mobilisierung erneuerbarer Energien eintritt."

Angst vor dem chinesischen Autosegen

Solarautos
Sonnenenergie treibt sogar schon Autos anBild: AP

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Frage der künftigen Treibstoffe fürs Auto. Benzin- und dieselgetriebene Fahrzeuge schleudern Millionen Tonnen von Schadstoffen in die Luft. Und während die Rohölreserven immer knapper werden, drängt es Millionen von Menschen zum ersten eigenen Auto - vor allem in den asiatischen Schwellenländern. Der Bedarf an Kraftstoffen wird also in Zukunft massiv steigen. "Das wird das akuteste Weltproblem, ein weltwirtschaftliches Problem, ein weltsoziales Problem und ein Weltumwelt-Problem gleichzeitig", prophezeit Scheer. "Erdöl geht als erste der fossilen Energien in den nächsten Jahrzehnten zuende, und diejenigen, die denken, man könnte auf Erdgas als Kraftstoff wechseln, irren, denn auch Erdgas wird schnell aufgebraucht sein."

Die Bildung eines internationalen Systems von Institutionen zur Förderung erneuerbarer Energien und die Frage nach dem Kraftstoff der Zukunft sind nur zwei Schwerpunkte. Um eine politische, soziale und ökologische Katastrophe der Weltenergie abzuwenden, muss noch einiges mehr getan werden, glauben die Veranstalter.Das Forum und die "Renewables 2004" werden zeigen, ob die zivile Gesellschaft bereit ist, diese Herausforderung anzunehmen.