Frankfurt darf vom Finale träumen
29. April 2022Ganz so übermächtig wie vor zwei Wochen in Barcelona waren die Frankfurter Fans diesmal nicht. Die Vereinsbosse des Premer-League-Clubs West Ham United hatten schon vorher angekündigt: 3000 Frankfurter würden sie ins Londoner Olympiastadion lassen - und keinen einzigen mehr. Aber diese 3000 unter den 60.000 insgesamt kamen wieder voll auf ihre Kosten.
Und sie durften schon nach 50 Sekunden jubeln. Rafael Borré hat am linken Strafraumeck viel Platz und Zeit, um sich zu drehen und eine Flanke maßgenau auf den einlaufenden Ansgar Knauff zu zirkeln. Die Leihgabe von Borussia Dortmund muss nur den Kopf hinhalten - 1:0 für die Gäste. Knauff hatte schon das Tor im Viertelfinal-Hinspiel gegen den FC Barcelona geschossen. "Man hat das Gefühl, wir hätten den Gegner überrascht", sagte Knauff nach der Partie bei RTL. "Es ist ein unglaublicher Weg, den wir gerade machen." Und Kollege Sebastian Rode ergänzt: "Wir wollten von der ersten Sekunde an voll da sein. Man hat in Barcelona gesehen, wie wichtig das ist."
Blitzstart für die Eintracht
West Ham lässt sich von der Frankfurter Anfangseuphorie völlig überrumpeln und braucht eine Viertelstunde, um das Spiel zu beruhigen. Dann sind die Ost-Londoner ganz nah dran am Ausgleich. Jarrod Bowen stürmt allein auf Kevin Trapp zu und tunnelt den Frankfurter Torwart, der Ball touchiert aber leicht dessen Unterschenkel und wird so an den rechten Pfosten abgelenkt. Das 1:1 lässt aber nicht lange auf sich warten. In der 21. Minute legt Kurt Zouma einen Freistoß-Chip mit dem Kopf quer auf Michail Antonio, der nur noch den Fuß hinzuhalten braucht und den Ball über die Linie drückt.
Jetzt ist die Partie völlig offen. Chancen auf beiden Seiten, die vielleicht beste hat wieder Ansgar Knauff, der eine Verwirrung in der Abwehr der Londoner nutzt und aus der Drehung knapp vorbei schießt. Die Eintracht-Fans sind aus dem Häuschen. Torwart Trapp wird nach der Begegnung sagen: "Wir müssen uns klarmachen, dass wir viel fußballerische Qualität haben, wenn wir uns trauen."
Dreimal Aluminium
Während West Ham nach der Pause eher bieder weiterspielt, dominiert Frankfurt jetzt die Partie auch fußballerisch. Vor dem 2:1 in der 54. Minute kombinieren sich die Gäste munter durch die Abwehrreihen, Djibril Sow scheitert zunächst noch am vorzüglich reagierenden Torwart Alphonse Areola, Daichi Kamada kann aber aus kurzer Distanz abstauben.
In der Schlussphase treffen beide Teams nochmal das Aluminium. Zunächst ist es Kamada, dessen Versuch von einem Verteidigerbein an den rechten Pfosten gelenkt wird, dann, in der 2. Minute der Nachspielzeit, setzt West Hams Bowen einen Fallrückzieher and die Unterkante der Latte - es wäre ein Tor des Jahres geworden. So aber freut sich Trapp mit seinen Frankfurtern über eine "sehr gute Ausgangsposition fürs Rückspiel. Wir können das vor den eigenen Fans klarmachen. Das wäre das Schönste."
Über 50.000 Fans erwartet der Torwart dann in seinem Rücken. "Ich bin überzeugt, dass wir es dann auch klarmachen können". Er meint das Finale. Das hatten die Frankfurter vor drei Jahren noch knapp verpasst, damals im Elfmeterschießen gegen den FC Chelsea. Jetzt scheint die Eintracht reif für den ersten internationalen Titel nach 42 Jahren.
Rein deutsches Finale winkt
Im anderen Halbfinale rannte RB Leipzig lange ideen- und erfolglos gegen das Abwehrbollwerk der Glasgow Rangers an. In der 85. Minute erlöste Angelino die Sachsen dann mit einem Schuss von der Strafraumkante und erzielte den 1:0 (0:0)-Siegtreffer. Damit haben die Sachsen gute Chance auf das erste Europapokal-Finale der Vereinsgeschichte. Dem deutschen Vizemeister reicht damit in der kommenden Woche im legendären Ibrox Stadion des schottischen Meister bereits ein Remis zum Einzug ins Finale in Sevilla.