Eklat im EU-Parlament
19. Februar 2009Der geplante EU-Reformvertrag werde das Demokratiedefizit in Europa noch verschärfen, sagte Klaus, dessen Europa-Skepsis ja bekannt ist. Diesmal schlug der tschechische Staatschef aber noch schärfere Töne an.
Vergleich mit Diktaturen in Osteuropa
Klaus verglich die EU mit den einstigen kommunistischen Diktaturen in Osteuropa. "In einem normalen parlamentarischen System gibt es einen Teil der Abgeordneten, der die Regierung unterstützt, und einen oppositionellen Teil", sagte Klaus. "Doch das ist im Europäischen Parlament nicht der Fall. Hier wird nur eine Alternative durchgesetzt, und wer über andere Alternativen nachdenkt, wird als Gegner der europäischen Integration angesehen."
Abgeordneten-Kammer in Prag hat zugestimmt
Immerhin: Tschechien hat derzeit die EU-Präsidentschaft inne, und erst am Mittwoch (18.02.2009) hatte die Abgeordneten-Kammer des Parlaments in Prag nach langem Ringen den Reformvertrag von Lissabon gebilligt.
Den EU-Skeptiker an der Staatsspitze lässt das vorerst kalt. Denn noch ist der EU-Reformvertrag damit in seinem Land nicht endgültig ratifiziert. Im April muss noch die zweite Parlamentskammer, der Senat, zustimmen. Und dann hat der Präsident noch seine Unterschrift zu leisten. Der aber will offenbar abwarten, ob die Bürger in Irland in einem zweiten Referendum in diesem Jahr der EU-Reform zustimmen.
"Früher hätten Sie diese Rede nicht halten können"
In Brüssel wies EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) die Kritik des Tschechen umgehend zurück. Schließlich habe das Europa-Parlament bei drei Viertel der Gesetzesvorhaben ein Mitspracherecht. "In einem Parlament der Vergangenheit hätten Sie diese Rede nicht halten können", sagte Pöttering.
Während die überwiegende Zahl der Abgeordneten mit Empörung auf die Ausführungen von Vaclac Klaus reagierte, schlug der Grünen-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit Klaus für den "Karnevalsorden für den besten Provokateur des Jahres" vor.
"Der beste Provokateur des Jahres"
Der Lissabonner Vertrag soll die EU handlungsfähiger machen. Doch bevor er in Kraft tritt, muss er von allen Mitgliedsländern ratifiziert werden. Die Iren werden abermals die Bürger abstimmen lassen, und Skeptiker wie Vaclav Klaus bleiben unberechenbar. Die tschechische Nachrichtenagentur CTK versuchte, den Präsidenten festzulegen. Ob und wann er das Abkommen von Lissabon unterzeichnen werde, wurde der Staatschef gefragt. Klaus entgegnete: "Ich bin noch nicht bereit, diese Frage zu beantworten." (ml)