Elch-Test für den Euro
22. Mai 2003Seit dem 1. Januar 2002 bezahlen die Menschen in 12 der 15 EU-Länder mit Euro-Münzen und -Scheinen. Der Traum von einer gemeinsamen Währung in Europa ist jedoch noch unerfüllt. Denn in Großbritannien, Dänemark und Schweden behaupten sich Pfund und Krone weiterhin als Zahlungsmittel. Ein ähnliches Bild in Sachen Geld bot Europa bereits einmal zu Zeiten Karls des Großen (768-814). Damals galt der Denar - oder Silber-Pfennig - als einheitliches Zahlungsmittel von Rom bis etwa Flensburg. Nördlich davon wohnten die Wikinger und die hatten ihr eigenes Geld.
Schweden hält bis heute an dieser Tradition fest. Die Diskussion darüber, ob dies so bleiben soll oder ob man die Schweden-Krone durch den Euro ersetzen sollte, nimmt derzeit in dem Königreich jedoch stark zu. Grund dafür ist das nahende Referendum über diese Frage. Es wird am 14. September durchgeführt.
Umfragen
Schwedens Politiker konnten sich bisher jedoch nur auf den Fragetext des Referendums einigen. Er wird folgendermaßen lauten: "Glauben Sie, Schweden sollte den Euro als Währung einführen?" Uneinigkeit besteht in Regierung und Opposition ebenso wie im Rest des Landes darüber, ob ein "Ja" oder ein "Nein" besser ist für das Königreich und seine Wirtschaft. Auch die knapp neun Millionen Bürger sind unentschlossen. Jüngsten Umfragen zufolge wird voraussichtlich etwas mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten mit "Nein" stimmen. Gut ein Drittel ist für den Euro; die Übrigen sind noch unentschlossen.
"Der schwedische Premier-Minister Göran Persson ist besorgt, dass das Referendum scheitern könnte", sagte vor diesem Hintergrund sein Sprecher Jan Larsson. Persson bemühe sich deshalb um die Gewinnung stärkerer Zustimmung für den Euro.
Viele Vorteile
Nach den Worten Larssons bringt die Einheitswährung viele Vorteile, wirtschaftlich genauso wie politisch. Wirtschaftlich werde sie vor allem den Export-Unternehmen des Landes zu größerer Sicherheit im Außenhandel verhelfen, da Kursschwankungen reduziert würden. Zudem werde die Schweden-Krone derzeit noch durch Spekulationen auf den Devisenmärkten belastet. Als Mitglied der Euro-Währungszone hätte man dieses Problem nicht.
Volkswirte stimmen vor allem dem Wechselkurs-Argument zu. "Vor allem kleineren export-orientierten Unternehmen in Schweden schaden die Wechselkursschwankungen", sagt Olof Seidel im Gespräch mit DW-WORLD. Er ist Volkswirt bei der Nord LB und beobachtet für sie die schwedische Wirtschaft. "Dem Land geht es zwar wirtschaftlich gut. Das liegt aber an der starken Binnennachfrage. Die exportierenden Unternehmen haben große Probleme. Ein Beitritt zur Euro-Zone könnte ihnen helfen", so Seidel.
Gegengewicht zu den USA
Nach Ansicht des schwedischen Regierungschefs gibt es auch politische Argumente für einen Euro-Beitritt. "Wir sehen einen Bedarf, die EU zu stärken, um unter anderem ein Gegengewicht zur letzten Supermacht, den USA, herzustellen", lautet die offizielle Stellungnahme des Presse-Sekretärs Larsson. Zudem sei mittlerweile der Euro etabliert und anerkannt. Deshalb sollte auch Schweden zu den Euro-Ländern gehören, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, in Europa marginalisiert zu werden.
Besonders in der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik sind die Euro-Gegner Großbritannien, Schweden und Dänemark in ständiger Gefahr, im Abseits zu stehen. Für Großbritannien berichtete darüber einmal der britische EU-Botschafter Nigel Sheinwald in einem geheimen Memorandum, das versehentlich an die Öffentlichkeit gelangte. Grund zu seiner Sorge gab Sheinwald unter anderem die so genannte Euro-Gruppe. Sie ist ein inoffizielles Gremium der Euro-Länder, in dem sie jene wirtschaftspolitischen Themen beraten, die später auf die Tagesordnung des offiziellen Ecofin-Rats der EU-Finanzminister gelangen.
Skeptiker und Gegner
Den schwedischen Euro-Gegnern reichen die Argumente der Befürworter nicht. Die Nein-Sager befürchten eine Zunahme der Arbeitslosigkeit und eine steigende Inflation. Sie haben eine starke Phalanx aufgebaut. Selbst drei Minster der sozialdemokratischen Regierung lehnen den Euro-Beitritt ab, darunter die stellvertredende Ministerpräsidentin Margareta Winberg, der Wirtschaftsminister Leif Pagrotsky und die Kultur-Ministerin Marita Ulvskog.
Auch zwei Staatssekretäre machten Werbung gegen den Euro. Ihnen verbot Regierungschef Persson jedoch den Mund. Er stellte sie vor die Wahl: Mund halten oder gehen. Diese Drohungen stießen in der schwedischen Öffentlichkeit auf Unmut, führten sogar zu Vergleichen Perssons mit Stalin. Seine Euro-Kampagne wird er auf diese Weise wohl verlieren.