Elektroschrott Gift Umwelt
27. Juni 2011Die dunkle Rauchsäule in der ghanaischen Hauptstadt Accra ist schon von Weitem zu sehen. In der Nähe sticht der beissende Gestank der Kabelbrände in die Nase. Die Kupferkabel werden auf dem Schrottplatz des Quartiers Agbogbloshie von Kindern verbrannt. Razat ist einer von ihnen: "Wir kaufen Kabel, dann brennen wir das Plastik weg. So machen wir Profit." Das vom Plastik befreite Kupfer verkauft Razat weiter, an guten Tagen verdient er damit bis zu 10 Cedi. Das entspricht fünf Euro und ist mehr als das Durchschnittseinkommen in Ghana und ein schnelles Geld für die Jungen aus armen Verhältnissen. Doch der Profit geht zu Lasten der Gesundheit. Der Boden in Agbogbloshie ist mit Schwermetallen verseucht, der Plastik-Rauch giftig, das weiss auch der 16jährige Kwesi: "Wenn der Rauch in die Nase geht, wird man krank. Die Augen und die Nase schmerzen. Aber wenn wir es nicht tun, haben wir nichts zu essen."
Elektroschrott-Exporte ein weltweites Problem
Das Kabelverbrennen in Ghana ist bloss ein kleiner Teil des weltweiten Problems Elektroschrott. 40 Millionen Tonnen, schätzt das UN-Umweltprogramm UNEP, fallen jährlich an. Ein Teil der nicht mehr gebrauchten Computer, Handy, Fernseher und Kühlschränke finden in Entwicklungsländern dankbare Abnehmer. Jene verkaufen sie weiter, reparieren sie oder entsorgen sie - allerdings nicht besonders umweltverträglich.
Umweltorganisationen warnen, Länder wie Ghana würden zur Müllhalde für nicht mehr funktionierende Geräte, die von dubiosen Händlern aus westlichen Ländern verschifft werden. Genau das verbietet aber die Basler Konvention über Giftmüllexporte, welche ausser den USA alle Industrieländer ratifiziert haben. Das Freiburger Öko-Institut schätzt, dass 15 Prozent der gebrauchten Elektrogeräte, die nach Ghana kommen, schrottreif sind. Das sind 22.000 Tonnen pro Jahr.
Lohnender Handel
In der ghanaischen Hafenstadt Tema türmen sich Kühlschränke und Bildschirme entlang der Strasse. Hier kommt die Ware an. Vor dem Geschäft von Isaac Osei werden drei Transporter mit Kühlschränken beladen. Doch Elektroschrott sei das nicht, so Osei: "Alles was ich habe ist geprüft. Alles funktioniert! Und vor allem sind diese Sachen besser als Importe aus China! Sogar die Reichen und die Mittelschicht kaufen sie".
An derselben Strasse schliesst Isaac Darko Kwapo gerade seinen Computerladen auf. Seine Ware empfängt er in der Regel am Hafen. Die Verkäufer kennt er allerdings nicht. "Man braucht Glück, manchmal funktioniert nur die Hälfte einer Ladung", so der Computerhändler, "manche der Verkäufer sind Betrüger, andere nicht. Aber es lohnt sich für uns". 20.000 bis 33.000 Jobs hängen in Ghana vom Handel und der Wiederverwertung gebrauchter Elektronikartikel ab. Es ist ein Millionengeschäft.
Hoffen auf die Privatwirtschaft
Ghanas Regierung hat das Problem zwar erkannt. Doch für mögliche Massnahmen, etwa eine bessere Kontrolle der Importe, fehlt das Geld. Joseph Edmund von der staatlichen Umweltschutzagentur hofft auf die Privatwirtschaft: "Wir haben einige Firmen im Land, die Recycling betreiben. Sie sind klein und haben erst begonnen." Im Moment scheine es, als ob die Regierung die Verantwortung alleine tragen müsse, so Edmund. "Aber in Zukunft werden auch private Firmen im Recycling-Bereich arbeiten."
Auf dem Schrottplatz von Accra schickt ein brennender Kühlschrank dichten schwarzen Rauch in den Himmel. Vor seinem roten Container sitzt Timothy, in den Händen hat er elektronische Leiterplatten. Die Platinen stammen von Computern und DVD-Playern. "Ich verkaufe sie an Chinesen, die sie dann exportieren." In China werden die Platinen maschinell recycelt, das ist rentabler, weil mehr wertvolle Metalle herausgelöst werden können. Und es ist ökologischer. Ob auch in Ghana das unsaubere Recycling von Hand bald durch bessere Methoden abgelöst wird, bleibt abzuwarten.
Autor: Samuel Burri
Redaktion: Gero Rueter