Emeritierter Papst Benedikt XVI. feiert 90. Geburtstag
Das Pontifikat von Joseph Ratzinger lieferte zwei Überraschungen: nach 482 Jahren gab es wieder einen deutschen Papst. Und einen, der freiwillig zurücktrat. Zum 90. zeigen wir neun überraschende Aspekte seines Lebens.
Überraschend warmherzig
Spröde und scheu - so wurde Joseph Ratzinger, der am 16. April 2017 90 Jahre alt wird, oft beschrieben. Wie sollte der Theologe jemals die Herzen der Katholiken erobern und die Kirche weltweit leiten? Nach seiner Ernennung bevorzugte der Professor weiterhin stilles Studium statt den Medienrummel. Doch spätestens mit den Weltjugendtagen in Köln 2005 lernte er, die Massen für sich zu begeistern.
Doppelte Heiligkeit
Zwei Päpste auf einem Foto - das hat es noch nie gegeben. Und auch einen Rücktritt hat es seit 1415 nicht mehr gegeben. 2013 verkündete Benedikt XVI., das Amt nicht bis zum letzten Atemzug auszuführen. Eine umstrittene Entscheidung. Sein Nachfolger aber spricht von einem sehr mutigen Schritt. Franziskus I. schätzt seinen Kollegen als "herausragenden Theologen" und "Mann, der wirklich glaubt".
Medien-Star wider Willen
Große Fußstapfen: Sein Vorgänger Johannes Paul II. war der "eilige Vater". Kaum ein Land, dessen Boden er nicht geküsst hätte. Obwohl das kaum dem Naturell des Nachfolgers entsprach, bereiste dieser 24 Länder - und machte eine überraschend gute Figur. In Lateinamerika begeisterte er sogar Fidel Castro und Bruder Raul. Denn der Karfreitag ist seitdem auch im sozialistischen Kuba ein Feiertag.
Himmlische Musik
"Ich werde nie vergessen, wie mit den ersten Klängen der Krönungsmesse von Mozart irgendwie der Himmel aufging und die Gegenwart des Herrn ganz tief zu erleben war", schwärmte Benedikt XVI., ein großer Liebhaber der klassischen Musik und selbst passionierter Klavierspieler. Unter allen Komponisten bleibt Mozart sein Favorit. "Mozart ist schön, wie die Schöpfung schön ist."
Gesegnetes Schuhwerk
Rote Schuhe gehören zum Papst-Outfit. Eine lange Tradition: bereits im Römischen Reich zeichneten sie kirchliche Würdenträger aus. Das Rot soll an Christis blutigen Kreuzweg erinnern. Wie schon Vorgänger Johannes Paul II. vertraute Benedikt XVI. seine Fußbekleidung einem italienischen Schuhmacher an - die päpstlichen Treter sind Handarbeit. Bestellt hat er übrigens auch rote Wanderschuhe.
Hopfen und Malz, Gott erhalt's
Der Papst soll höchstens mal ein kleines Bier getrunken haben. Doch seine bayrische Herkunft und der Einfallsreichtum der Brauereien ließen kurz nach der Wahl die ersten Papst-Biere ausschenken. Mehr Wert legte der Pontifex auf die Heimatküche. So soll er regelmäßig in der vom Vatikan fußläufigen "Cantina Tirolese" gespeist haben, vorzugsweise Gulasch. Nach der Papstwahl war damit Schluss.
Bücherratz und Orgelratz
Unzertrennlich: die Brüder Josef und Georg Ratzinger. 1951 hatten sie gemeinsam die Priesterweihe erhalten, Josef "Bücherratz" wurde Theologieprofessor, Georg "Orgelratz" Leiter der Regensburger Domspatzen. Trotz Papstamt blieb die innige Beziehung zwischen den Brüdern bestehen. So sollen sie mindestens einmal wöchentlich telefoniert haben - und jetzt auch wieder gemeinsam in den Urlaub fahren.
Bestseller-Papst
Es gibt wohl kaum einen Job, der anstrengender als das höchste katholische Kirchenamt ist: Audienzen, mediale Dauerpräsenz, Auslandsreisen. In der wenigen Freizeit, so könnte man vermuten, wird sich entspannt und ausgeruht. Nicht so Benedikt XVI. - in seiner Freizeit schrieb er während seines Pontifikats eine Jesu-Triologie. Das theologische Werk landete in den weltweiten Bestseller-Listen.
Lieblingsheiliger
Es war nicht seine Art einen bestimme Heiligen zu bevorzugen. In seinen Predigten tauchen jedoch einige häufiger auf, wie der heilige Augustinus (hier dessen Relikte). In einer Generalaudienz sagte Benedikt XVI.: "Der heilige Augustinus ist ein Mensch, der nie oberflächlich gelebt hat. Eines der grundlegenden Merkmale seines Lebens ist der Durst, die unruhige und ständige Suche nach der Wahrheit."
"Grazie Buona notte!"
Danke und gute Nacht - so die letzten Worte des deutschen Papstes am 28. Februar 2013. Ganz so schlicht kam er nicht davon. Einen Tag zuvor hatte es große Feierlichkeiten mit tausenden Gläubigen, Tränen, Benedetto-Rufen und Flaggen aus aller Welt gegeben. Jetzt lebt "Papa emeritus" im vatikanischen Kloster Mater Ecclesiae. Und erfüllt sich seinen Wunsch: Gott weiterhin dienen - im steten Gebet.