Ende der Euphorie
14. März 2003Die Cebit des Jahres 2003 ist anders. In der U-Bahn gibt es freie Plätze. Auch der Autoverkehr rund um das Messegelände bringt Hannovers Verkehrspolizisten nicht aus der Ruhe. Und vorbei sind die Zeiten, in denen alerte und gut gelaunte Jungmanager das Bild bestimmten. Die Manager sind immer noch da, aber sie scheinen irgendwie in die Jahre gekommen zu sein. Statt von unbegrenztem Wachstum zu schwärmen, hofft man auf ein baldiges Ende der Talfahrt.
Hoffnung auf denAufschwung
Dabei gibt es sie noch, die Visionäre. Da ist zum Beispiel Jorma Ollila, der Chef des Handy- und Hightech-Herstellers Nokia. Er ist nach Hannover gekommen, um eine mobile Zukunft zu prophezeien. "Mobilität ist der nächste globale Megatrend", so der Mann aus Finnland. Er denkt dabei an Computerspiele und Filme, die auf dem Handy laufen, oder an Internetseiten, die per Funknetz übertragen werden. Die Übertragungstechnik UMTS soll dies alles bewerkstelligen. Allein für die deutschen Lizenzen hat die Telekommunikatiosbranche 50 Milliarden Euro an den deutschen Finanzminister Eichel überwiesen.
Viel zuviel sei das gewesen, meinen die Telekom-Manager heute. Deshalb wird die Forderung immer lauter, der Staat solle doch einen Teil der UMTS-Milliarden wieder zurückgeben. Immerhin sind in Hannover jetzt endlich die ersten Prototypen zu sehen, die einen Eindruck von der neuen Technik vermitteln. Die große Frage für Nokia&Co ist jetzt, ob die Kunden die Begeisterung der Manager teilen.
Schlechte Zahlen
Zum Start der größten Messe der Welt kamen die Fakten auf den Tisch. 6600 Aussteller aus 69 Ländern sind nach Hannover gekommen. Das sind 750 weniger als noch im letzten Jahr. Gleichzeitig vermeldet die Branche für 2002 ein mickriges weltweites Wachstum von nur noch 1,2 Prozent. In Deutschland ging der Umsatz mit Telekom- und IT-Dienstleistungen, Hard- und Software gar um zwei Prozent zurück.
Daran sei auch die Politik schuld, meinte der Chef des Branchen-Verbandes Volker Jung bei der feierlichen Eröffnung der Messe am Dienstag (11.3.2003). "Die Politik muss verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen", appellierte Jung an die Adresse von Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Schwierige Vorzeichen
Der Kanzler gilt als Fan der Cebit. Doch unter derartig schwierigen Vorzeichen war er noch nie zu einer Cebit-Eröffnung gekommen. Statt mit seiner Greencard-Initiative wie bei der Cebit 2000 für Begeisterung bei den IT-Managern zu sorgen, redete Schröder bei der Eröffnungsfeier sich und der Branche ins Gewissen. "Nicht alles, was an nicht erfüllten Hoffnungen aus dem Börsen-Hype jetzt Schwiergkeiten bereitet, hat mit den politischen Rahmenbedingungen zu tun, es hat gelegentlich auch zu tun mit Fehleinschätzungen", so Schröder.
Nach Hannover hatte Schröder einige, speziell auf die Computermesse Cebit zugeschnittene Ankündigungen mitgebracht. Mit Hilfe einer Chip-Karte und des sogenannten "elektronischen Rezepts" will Schröder pro Jahr eine Milliarde Euro im deutschen Gesundheitssystem sparen. Und weitere Impulse erhofft sich der Kanzler durch die elektronische Signatur, die ab 2004 rechtsverbindliche und sichere Unterschriften per Internet erlauben soll. Mehr als höflichen Beifall gab es dafür in Hannover nicht – schließlich ist die elektronische Unterschrift seit Jahren ein Thema, über das Politiker und Manager auf der Cebit viel und gerne reden.