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Ende einer Dienstfahrt

23. Juli 2009

Nach einem turbulenten Machtkampf mit VW ist Wendelin Wiedeking als Vorstandschef des Sportwagenbauers Porsche abgelöst worden. Der strahlende Sieger heißt Ferdinand Piëch, meint Karl Zawadzky.

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Karl Zawadzky, Leiter der Wirtschaftsredaktion DW-RADIO/DW-WORLD.DE (Foto: DW)
Karl Zawadzky, Leiter der WirtschaftsredaktionBild: DW / Christel Becker-Rau

Wendelin Wiedeking ist einer der erfolgreichsten Manager der deutschen Wirtschaft. Seit Anfang der 1990er Jahre, als er den Vorstandsvorsitz bei Porsche übernahm, hat Wiedeking aus dem damals fast bankrotten Sportwagenhersteller das weltweit profitabelste Unternehmen der Autobranche gemacht. Der Unternehmenswert von Porsche ist unter Wiedeking von 300 Millionen Mark auf mehr als 20 Milliarden Euro gestiegen. Aus den Millionären der Familien Porsche und Piech wurden Milliardäre - und Wiedeking der am höchsten bezahlte Manager Deutschlands mit einem Jahreseinkommen von bis zu 80 Millionen Euro. Am Ende wollte Wiedeking den 15mal größeren Volkswagen-Konzern mit Hilfe komplizierter Aktien-Optionsgeschäfte schlucken. Daran hat Porsche sich verschluckt.

Goliath gewinnt gegen David

Zwar befinden sich 51 Prozent der VW-Aktien im Besitz von Porsche, doch für seinen Kampf gegen Goliath VW hat der kleine David Porsche sich mit zehn Milliarden Euro verschuldet. Die Banken, die im Auftrag von Porsche weitere 25 Prozent der Aktien eingesammelt haben, sind nervös geworden und gewähren keine weiteren Kredite. Dienen sie Porsche, wie vertraglich vereinbart, die eingesammelten Aktien an, verlangen sie gar ihre Kredite zurück, kann Porsche nicht zahlen. Das wäre der Fall des Falles. Das bisherige Wunderkind Wiedeking und sein Finanzalchimist Holger Härter haben im Stil eines Hedge-Fonds agiert und sich gewaltig verzockt.

Außerdem haben sie sich auf einen Machtkampf mit Ferdinand Piëch eingelassen, dem Porsche-Miteigentümer und Aufsichtsratsvorsitzenden des VW-Konzerns. Gegen den in vielen Schlachten und Intrigen gestählten Piëch, der bei VW alle Fäden in der Hand hält, hat noch niemand gewonnen. Piëch dreht den Spieß nun um. Nachdem er Wiedeking und Härter abserviert hat, wird VW Porsche übernehmen. Porsche wird neben Audi, Skoda, SEAT und vielen anderen die zehnte Marke im Weltreich von VW. Das Ziel des genialen Autoingenieurs und Konzernstrategen Piëch ist klar: Er will mit dem Volkswagenkonzern den bisherigen Weltmarktführer Toyota überholen. Und als Chef des dann weltgrößten Autokonzerns mit einem Angebot vom Kleinwagen bis zum Schwerlaster kann Ferdinand Piëch sich nur einen vorstellen: sich selbst.

Machtmensch verliert Machtkampf

Der Machtmensch Wendelin Wiedeking hat im Machtkampf mit Ferdinand Piëch seinen Meister gefunden. Doch gescheitert ist Wiedeking vor allem an eigenen Fehleinschätzungen und an seinem übergroßen Ego. Zum Beispiel war Grundlage seines Versuchs, den sehr viel größeren VW-Konzern zu übernehmen, der Wegfall des nur aus der Unternehmensgeschichte zu verstehenden VW-Gesetzes, das dem Land Niedersachsen bei 20 Prozent Anteil am VW-Kapital die Rechte einer Sperrminorität einräumt. In der Manier eines Hedge-Fonds wollte Wiedeking VW einen Beherrschungs- und Kapitalabführungsvertrag aufzwingen und dann mit dem Geld von VW die Porsche-Schulden tilgen. VW sollte den eigenen Verkauf quasi selbst bezahlen.

Doch das Land Niedersachsen hat zusammen mit der Bundesregierung den Versuch der EU-Kommission, dieses Gesetz zu schleifen, vereitelt. Mehr noch: Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, die zuvor heftigst verfeindet waren, sind darüber zu Verbündeten geworden. Außerdem hat Wiedeking mit seiner brachialen Art die VW-Belegschaft gegen sich aufgebracht; die spezielle Unternehmenskultur von VW hat er nicht akzeptiert. Damit hatte er in Wolfsburg nur Feinde.

Karten werden neu gemischt

Jetzt werden die Karten neu gemischt. Bei Porsche soll durch eine Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro der gewaltige Schuldenberg halbiert werden. Das Emirat Katar soll den Banken einen Großteil der Optionen auf VW-Aktien abnehmen und damit nach Porsche und dem Land Niedersachsen der dritte Großaktionär von VW werden. Schließlich wird der VW-Konzern, der über Barreserven von rund zehn Milliarden Euro verfügt, mehr als die Hälfte seiner Rücklage in den Kauf von Porsche investieren. Das Konzept von Wiedeking geht auf. Der Massenhersteller VW und die exklusive Sportwagenschmiede Porsche werden vereint; die Familien Piëch und Porsche werden als Mehrheitseigner des Großkonzerns noch reicher und noch mächtiger.

Nur: Wiedeking selbst ist dabei unter die Räder gekommen. Er sollte es verschmerzen können, denn groß war nicht nur der Manager Wiedeking, groß war nicht nur seine Vision, sondern groß ist auch die Abfindung. Wiedeking scheidet mit 50 Millionen Euro aus. Es spricht für ihn, dass er die Hälfte davon für eine gemeinnützige, mildtätige Stiftung spendet. Es ist schwer vorstellbar, dass der 56jährige Frührentner Wendelin Wiedeking sich von nun ab auf sein Hobby konzentriert und mit einem Porsche-Traktor auf der Schwäbischen Alb Kartoffeln anbaut.

Autor: Karl Zawadzky

Redaktion: Klaus Ulrich