Endspiel zwischen den USA und China?
3. Mai 2018Der US-Delegation gehören Finanzminister Steven Munchin, Handelsminister Wilbur Ross sowie Trumps wichtigste Wirtschaftsberater an. Ihre chinesischen Gesprächspartner sind nicht weniger hochrangig, u. a. Liu He, der frisch gebackene Vizepremier und engster Berater des Staatspräsidenten Xi Jinping. Es geht um bereits verhängte und angedrohte Strafzölle im Wert von mehreren hundert Milliarden Dollar.
Doch Zölle seien nur Symbolpolitik, meint Rolf Langhammer, ehemaliger Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel: "In Wirklichkeit geht es um Fragen wie erzwungenen Technologietransfer, um die technologische Führerschaft in der Künstlichen Intelligenz und darum, ob chinesische High-Tech-Unternehmen Huawei, Alibaba und Tencent die künftigen Rivalen von Amazon und Google sind."
Für chinesische Beobachter sieht es deshalb nach vorsorglicher Ausschaltung der Konkurrenz aus, dem Telekomausrüster ZTE sieben Jahre lang den Kauf wichtiger US-Komponenten zu verbieten. Washington hat den Schritt mit der Verletzung der US-Exportkontrollen begründet. Diese im April verkündete Maßnahme hat ZTE in eine Existenzkrise gestürzt und könnte die chinesische Halbleiterindustrie um Jahre zurückwerfen. Auch gegen Huawei soll eine ähnliche Untersuchung eingeleitet worden sein. In chinesischen Medien und sozialen Netzwerken wird von der letzten Chance der USA gesprochen, Chinas Aufstieg zu verhindern.
Eng miteinander verflochten
Das klinge nach einem Endspiel, was jedoch übertrieben sei, sagt Ökonom Langhammer. Er sieht Stärken auf beiden Seiten: "Im Bereich der Geschäftsmodelle und der Produktinnovation haben die amerikanischen Unternehmen die Nase vorn, während die Chinesen im Bereich der Prozessinnovation, also das Bestehende effizienter machen, einen Vorsprung haben." Noch seien die chinesischen Unternehmen abhängig von Vorleistungen aus den USA und anfällig in der Finanzierung, so Langhammer weiter.
Abhängig sind auch die USA von China, dem größten Gläubiger der Vereinigten Staaten. Aktuellen Zahlen des US-Finanzministeriums zufolge halten Chinesen Staatsanleihen der USA im Wert von 1,2 Billionen Dollar. Diese gigantische Summe hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte angesammelt, weil China permanent mehr in die USA exportiert als von dort importiert. Dieses Handelsbilanzdefizit aus der US-Sicht war Donald Trump schon ein Dorn im Auge, bevor er zum Präsidenten gewählt wurde. Nun verlangt er von den Chinesen, dieses Defizit um 100 Milliarden Dollar zu reduzieren, was die Asiaten hinter vorgehaltener Hand als ökonomischen Unsinn bezeichnen.
Die Frage nach der Reziprozität
Entgegenkommen hat der chinesische Präsident Xi Jinping vor knapp einem Monat in anderen Bereichen angekündigt: Zölle auf Automobil-Importe zu senken, den Joint-Venture-Zwang für Autohersteller abzuschaffen, Schutz des geistigen Eigentums ausländischer Firmen zu erreichen und den chinesischen Markt weiter zu öffnen. Jedoch könnte China auf Gegenseitigkeit pochen und beispielsweise die Errichtung hundertprozentig chinesischer Banken und Versicherungen in den USA oder in der EU verlangen.
"Die Frage der Reziprozität wird eine ganz große Rolle spielen", sagt Rolf Langhammer. Aber insgesamt sei er immer noch optimistisch: "Zwar wird es immer Drohungen geben und jeder zeigt dem anderen seine Folterinstrumente, aber in letzter Konsequenz wird man davor zurückscheuen, diese Instrumente einzusetzen."
Diesen Optimismus teilt der bekannte China-Experte Eberhard Sandschneider nicht. Der DW gegenüber sagt er:" Wir kommen in die heiße Phase der Eröffnung eines geopolitischen Konflikts, den beide Seiten hoffentlich friedlich und kooperativ lösen."