Energieriese Eon verkauft Stromnetz
10. November 2009Jahrelang hatte die EU-Kommission dicke Bretter gebohrt und den mangelnden Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt gerügt, der von vier großen Konzernen dominiert wird. Nun hat der Düsseldorfer Stromriese Eon nachgegeben und sein Höchstspannungsnetz veräußert. Käufer ist der staatliche niederländische Netzbetreiber TenneT, wie beide Unternehmen am Dienstag (10.11.2009) mitteilten. Das weitaus wichtigere regionale Verteilnetz bleibt hingegen bei Eon.
TenneT übernimmt demnach zum 31. Dezember 2009 komplett die Eon-Tochter Transpower mit rund 650 Mitarbeitern. In diese hatte der größte deutsche Stromanbieter sein Höchstspannungsnetz kürzlich ausgelagert. Als vorläufiger Kaufpreis wurden 1,1 Milliarden Euro vereinbart. Tennet-Chef Mel Kroon kündigte an, in den nächsten zehn Jahren drei bis vier Milliarden Euro in das deutsche Netz zu investieren.
Der Eon-Vorstandschef Wulf Bernotat sagte, ein strategischer Investor wie TenneT sei die richtige Wahl gewesen, weil das Unternehmen eine langfristige Geschäftsstrategie für den europäischen Netzbetrieb habe. Die Kartellbehörden müssen der Transaktion noch zustimmen.
Zweitgrößtes Höchstspannungsnetz
Eon betreibt das zweitgrößte Höchstspannungsnetz Deutschlands. Es ist 10.700 Kilometer lang und reicht von der Grenze zu Dänemark bis zur Grenze mit Österreich. Das Netz mit einer Spannung von 380 oder 220 Kilovolt überträgt Strom über lange Entfernungen.
TenneT baut mit dem Verkauf als reiner Netzbetreiber sein Kerngeschäft aus. In diesem Jahr hatte das Unternehmen mit 600 Beschäftigten bereits die Höchstspannungsnetze der niederländischen Versorger Essent, Nuon und Delta übernommen. TenneT erzielte 2008 einen Umsatz von 450 Millionen Euro.
Eon erfüllt Zusage an EU-Kommission
Eon kommt mit dem Verkauf einer Zusage an die Europäische Kommission nach. Die EU-Wettbewerbshüter hatten im vergangenen Jahr ein Verfahren gegen den Konzern unter der Auflage eingestellt, dass Eon einen Teil seines Netzes und Kraftwerkskapazitäten in Deutschland verkaufen muss. Damit wurde ein lange schwelender Kartellstreit beigelegt.
Wie viele Verbraucherschützer bemängelten auch die EU-Kommission und andere Wettbewerbshüter, dass die vier großen deutschen Stromversorger Eon, RWE, Vattenfall und EnBW durch die Kontrolle über das Stromnetz den Zugang für Wettbewerber erschweren. Daher fordert die EU-Kommission seit langem eine Trennung der Stromübertragung von der Stromproduktion, um so für mehr Wettbewerb zu sorgen.
Was machen die anderen Stromkonzerne?
Auch Vattenfall will sein Stromnetz bis Ende des Jahres verkaufen. Interessiert ist daran einem Zeitungsbericht zufolge ein Konsortium aus der US-Investmentbank Goldman Sachs und Töchtern der Deutschen Bank sowie des Versicherungskonzerns Allianz. Im Gespräch ist ein Kaufpreis von 500 Millionen Euro. RWE und EnBW wollen ihr Leitungsnetz hingegen behalten.
Damit ist überaus fraglich, ob der Plan der Bundesregierung sich realisieren lässt, eine unabhängige "Netz AG" zu bilden, in der alle vier Stromautobahnen gebündelt werden sollen. Das Bundeswirtschaftsministerium teilte am Dienstag mit, das Ziel einer Netz AG auch nach dem Verkauf des Eon-Netzes weiter zu verfolgen. Dabei würden "einvernehmliche Lösung mit den Unternehmen auf privatwirtschaftlicher Basis" favorisiert. Der neue Eigentümer des Eon-Netzes werde in die Gespräche einbezogen.
Autor: Reinhard Kleber (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Martin Schrader