AIDS-Konferenz 2012
22. Juli 2012Dr. Diane Havlir ist optimistisch: "Zum ersten Mal überhaupt habe ich das Gefühl, dass wir am Anfang des Endes der AIDS-Epidemie stehen." Havlir ist Ärztin am San Francisco General Hospital und eine der Vorsitzenden der 19. Internationalen AIDS-Konferenz, die vom 22. bis 27. Juli in der US-Hauptstadt stattfindet.
Mit ihren Kollegen will sie "Gemeinsam das Blatt wenden", so das Motto der Veranstaltung. Havlir gehört zu den Forschern der ersten Stunde. Sie kümmert sich seit dem Beginn der AIDS-Epidemie in den 1980er Jahren um HIV-infizierte Patienten. Für ihre neugeschöpfte Hoffnung hat sie gute Gründe: "In den vergangenen drei Jahren hat es eine Reihe von Durchbrüchen in der HIV-Forschung gegeben, mit deren Hilfe wir die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle durch AIDS erheblich verringern können." Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass Medikamente mittlerweile nicht nur die Lebensqualität und -zeit verlängern, sondern auch eine Infektion verhindern können. Gerade hat die zuständige US-Behörde zum ersten Mal ein Medikament zugelassen, das die Ansteckungswahrscheinlichkeit dramatisch verringern soll. Dennoch biete Truvada keinen 100-prozentigen Schutz, so die Forscher.
Finanzierung sichern und Aufmerksamkeit wecken
Daher ist auch das ein weiteres, wichtiges Thema, mit dem sich die mehr als 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt in Washington beschäftigen: Schutz vor Ansteckung. In den Podiumsdiskussionen und Workshops von Forschern, Ärzten, Politikern und Betroffenen geht es außerdem um neue Medikamente, Test- und Behandlungserkenntnisse sowie die Suche nach einem Impfstoff und letztlich einer Heilung der Immunschwächekrankheit, von der zu einem überdurchschnittlichen Anteil homosexuelle Männer, Drogenabhängige und Prostituierte betroffen sind.
Angesichts der weltweit knappen Kassen werden in Washington auch Wege gesucht, den Kampf gegen AIDS zu finanzieren. "Das Potential auszuschöpfen wird nicht einfach sein", erklärt Chris Collins, Vizepräsident von amfAR, der US-amerikanischen Stiftung für AIDS-Forschung, "denn notwendig ist eine kontinuierliche Investition in Zeiten, in denen die USA und andere Staaten vor großen finanziellen Herausforderungen stehen". Außerdem hat das Thema in der Öffentlichkeit an Dringlichkeit verloren. "AIDS ist in den USA und international zum großen Teil aus dem Bewusstsein verschwunden", stellt Havlir besorgt fest, "Wir wissen, dass es ein Problem ist, aber es bekommt derzeit nicht die notwendige Aufmerksamkeit, damit wir die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können."
Erstmals wieder Konferenz in den USA
Mehr als 30 Millionen Menschen weltweit sind bereits an AIDS gestorben, 34 Millionen leben derzeit mit HIV. Nur sechs Millionen Infizierte werden weltweit behandelt. Diese Zahl, erklärt Havlir, soll möglichst bald verdoppelt werden.
Deborah von Zinkernagel, Koordinatorin der globalen US-AIDS-Initiative im Außenministerium, lobt dabei die Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten: "Ein Beispiel ist Südafrika, wo sich die Regierung und die Zivilgesellschaft sehr engagieren, weil sie erkennen, welchen Einfluss die Epidemie auf ihr Land hat, aber das sehen wir auch in anderen Ländern wie Namibia und Botswana."
Der Kampf gegen AIDS ist aber auch immer ein Kampf gegen das Stigma, ein Kampf für Menschenrechte, überall auf der Welt. Es ist bezeichnend, dass es 22 Jahre dauerte, bevor die alle zwei Jahre stattfindende Konferenz wieder auf US-amerikanischen Boden zurückkehren kann: Präsident Barack Obama hob 2009 das Einreiseverbot für HIV-infizierte Personen auf. Auf der Konferenz selbst wird er allerdings nicht auftreten - er schickt stattdessen seine Außenministerin Hillary Clinton.