Entwicklungshilfe gegen Demokratie
28. November 2012Deutschland macht seine weitere Entwicklungshilfe für Ägypten davon abhängig, ob sich Mohammed Mursi an demokratische Grundsätze hält. "Herr Mursi sollte keinen Zweifel zulassen, dass Ägypten sich auf dem Weg der Demokratie befindet", sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel in Berlin. "Das erwarten die Ägypter zu Recht von ihm, und daran werden auch wir ihn messen", so der FDP-Politiker weiter.
100 Millionen pro Jahr
Deutschland unterstützt das nordafrikanische Land mit fast 100 Millionen Euro pro Jahr. Für Mitte Dezember sind in Kairo deutsch-ägyptische Regierungsverhandlungen angesetzt. Dann soll über die weitere Zusammenarbeit entschieden werden.
Der aus der islamistischen Muslimbruderschaft hervorgegangene Präsident hatte am vergangenen Donnerstag seine Befugnisse per Dekret massiv ausgeweitet und die Justiz faktisch entmachtet. Seither protestieren landesweit aufgebrachte Anhänger säkularer und liberaler Oppositionsgruppen, um Mursi zur Rücknahme seiner umstrittenen Verfassungserklärung zu zwingen. Am Dienstagabend waren laut Teilnehmerschätzungen allein in Kairo mehr als 300.000 Ägypter auf dem zentralen Tahrir-Platz und angrenzenden Straßen zu einer Großdemonstration zusammengekommen.
Ein harter Kern von einigen hundert Demonstranten harrt den sechsten Tag in Folge auf dem Tahrir-Platz aus. Sie wollen so lange auf dem symbolträchtigen Platz bleiben, bis der islamistische Präsident nachgegeben hat. In zahlreichen Städten setzten die Richter ihren Ausstand fort.
Auch das ägyptische Verfassungsgericht schlug jetzt im Streit mit Mursi zurück. Man werde sich nicht durch Drohungen oder Erpressungen terrorisieren lassen und sich keinem Druck beugen, stellte der Sprecher der Behörde, Maher Sami, klar. Er bekräftigte, das Verfassungsgericht sei unabhängig.
Islamisten wollen neue Verfassung vorziehen
Aufgrund des anhaltenden Widerstands in der Bevölkerung will das von Islamisten dominierte Verfassungskomitee seinen Entwurf für eine neue Verfassung nicht erst im Dezember, sondern schon an diesem Donnerstag präsentieren. Im nächsten Monat könne dann eine Volksabstimmung darüber stattfinden, sagte der Vorsitzende der verfassungsgebenden Versammlung, Hosswam al-Gherijani. Im Streit über die künftige Rolle des Islam sind viele Vertreter der säkularen Parteien aus dem Komitee ausgezogen. Auch der führende Oppositionspolitiker Amr Mussa zog sich zurück. Er warnte die islamistische Führung davor, überstürzt neue Fakten zu schaffen.
se/qu (rtr, KNA, epd, dpa, afp)