Entwicklungshilfe: Privat plus Staat
20. Mai 2016Privat und Staat - nach Angaben des Entwicklungsministeriums funktioniert das in Mosambik schon prächtig: Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG) und der deutsche Solarhersteller Phaeson haben ein Netz von Solarshops aufgebaut, die günstige Solarlampen verkaufen. "Die Menschen erhalten damit Zugang zu sauberer und sicherer Energie für ihre Haushalte, Schulen, Gesundheitsstationen und Unternehmen", jubelt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in einer aktuellen Broschüre.
"Entwicklungspartnerschaften" nennt das BMZ die Kooperationen mit den deutschen Unternehmen. 50 solcher Projekte liefen bereits in Afrika - in 23 Staaten, darunter etwa Nigeria, Angola oder Simbabwe, teilte das Ministerium auf Anfrage der DW mit. Schwerpunkte dieser Partnerschaften seien etwa Energieversorgung, Landwirtschaft oder Umwelt.
Geht es nach dem Ministerium, dann sollen in Zukunft viel mehr Firmen mit Entwicklungshilfeorganisationen gemeinsame Sache machen. Ende April eröffnete es die "Agentur für Wirtschaft". Unternehmen bekommen hier Informationen über mögliche Investments in Entwicklungsländern - und über staatliche Fördermöglichkeiten. Sogenannte EZ-Scouts beraten Mitglieder von Industrie- und Handelskammern oder Wirtschaftsverbänden. Seit wenigen Wochen hat das Ministerium auch einen "Beauftragten für Wirtschaft und Kommunen".
Das Ziel: Jobs, Bildung, Einkommen
Durch gemeinsame Projekte in Entwicklungsländern sollen "Win-Win-Situationen" entstehen, sagt der Beauftragte des BMZ für Wirtschaft und Kommunen, Dirk Schwenzfeier. Die Vision des Ministeriums: Deutsche Firmen finden neue Märkte, in den Entwicklungsländern entstehen Arbeitsplätze, Wohlstand, Ausbildungsmöglichkeiten.
Bis 2050 wird sich Afrikas Bevölkerung mehr als verdoppeln. "Diese jungen Leute brauchen Bildung, sie brauchen Arbeitsplätze, sie brauchen Infrastruktur, sie brauchen Straßen, Häuser, Energieversorgung, Wasserversorgung, Müllentsorgung", so Schwenzfeier zur DW. "Die kommunalen Unternehmen, die Kommunen, die Mittelständler können sehr viel von dem, was in Afrika gebraucht wird."
Deutsche Unternehmen sehen in gemeinsamen Entwicklungsprojekten eine Chance, sich neue Märkte zu erschließen. Gerade in Afrika tut sich die deutsche Wirtschaft bisher schwer. Von insgesamt 3,6 Millionen deutschen Unternehmen sind nur rund 1000 auf dem Kontinent aktiv. "Im südlichen Afrika sind deutsche Unternehmen vollkommen unterrepräsentiert, aber es bestehen riesige Chancen", sagt Matthias Boddenberg, Geschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika.
Hilfe für die Bevölkerung oder Marktzugang für deutsche Firmen
Doch Investments in Afrika sind teuer - das schreckt viele Firmen ab. Durch die gemeinsamen Projekte mit dem Ministerium können zumindest bestimmte Kosten gesenkt werden. "Wo die deutsche Industrie nicht ist, ist ein Vakuum und das kann man gemeinsam füllen - die Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit, die Finanzierungsinstitutionen und die Wirtschaft", so Matthias Boddenberg.
Genau diesen Ansatz halten Kritiker für falsch. Prinzipiell sei gegen gemeinsame Entwicklungsprojekte von Staat und Wirtschaft nichts einzuwenden, meint Oxfam-Experte David Hachfeld. Wichtig sei aber, dass das Entwicklungsinteresse im Vordergrund stehe - nicht die Interessen deutscher Firmen. Aber genau da sieht Hachfeld Probleme.
Vermischung von Unternehmensinteresse und Entwicklungsinteresse?
Zum Beispiel in Indien: Oxfam hat dort ein gemeinsames Projekt von BMZ und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit den Chemiefirmen Bayer und BASF unter die Lupe genommen. Zum Projekt gehörte auch die Schulung lokaler Bauern in modernen Anbaumethoden. In den Schulungen hätten die Firmen vor allem auf Anbaumethoden mit Agrarchemie gesetzt, während andere Methoden nur eine marginale Rolle gespielt hätten, so Hachfeld.
Sein Fazit: "Das ist ein Beispiel, wo sich ein Wirtschaftsinteresse, Absatzmärkte zu schaffen, vermischt mit einem Entwicklungsinteresse, Landwirte zu schulen", so Hachfeld zur DW.