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EU-Streit um Stromnetze

Dirk Eckert28. Februar 2008

Während die EU-Energieminister weiter darüber debattieren, ob die großen Energiekonzerne ihre Stromnetze behalten dürfen, schafft E.ON Fakten: Das Unternehmen will seine Stromnetze verkaufen.

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Strommasten in Bonn (Quelle: AP)
Die EU-Kommission will den Stromkonzernen die Netze wegnehmen und so mehr Wettbewerb ermöglichen. Die Bundesregierung lehnt das abBild: AP

Bei der Tagung der Energieminister am Donnerstag (28.02.2008) blieb es bei den bekannten Positionen: Die EU-Kommission und die Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten wollen Stromversorger und Stromnetze trennen, weil sie sich davon mehr Wettbewerb versprechen. Deutschland, Frankreich und sechs weitere Staaten lehnen das mit ihrer Sperrminorität ab. "Zwangsverkäufe der Netze sind keine Lösung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Bonn beim zehnjährigen Jubiläum der Bundesnetzagentur.

Doch während in Brüssel die Energieminister tagten und Angela Merkel in Bonn die deutsche Position bekräftigte, schaffte die Stromwirtschaft Fakten: E.ON trennt sich als erster großer deutscher Energieversorger von seinen Stromnetzen. Der Konzern habe der EU-Kommission angeboten, seine Netze sowie Kraftwerksleistung im Umfang von 4800 Megawatt zu verkaufen, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. E.ON gehören rund 10.000 Kilometer Hoch- und Höchstspannungsleitungen, ihr Wert wird auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt.

Neue Strukturen nötig

Die Frage ist jetzt, wer der künftige Eigentümer der E.ON-Netze wird. Der Stromversorger will nur an Unternehmen verkaufen, die bisher keinen Strom produzieren oder liefern. "Eigentümer muss die öffentliche Hand werden", fordert dagegen Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Nur wenn die Netze von einem neutralen Dritten betrieben werden, könne ein richtiger Wettbewerb unter den Energieerzeugern entstehen, sagt Krawinkel. Den Vorteil hätten dann die Verbraucher: "Dann könnten auch die Preise sinken."

Der Vorstandsvorsitzende von Eon, Wulf Bernotat (Quelle: AP)
E.ON-Chef Bernotat ist bereit, die konzerneigenen Stromnetze zu verkaufenBild: AP

Energieexperte Krawinkel vermutet, dass bald weitere Konzerne dem Beispiel von E.ON folgen werden. Denn Netze seien längst nicht mehr so profitabel wie der Betrieb von Kraftwerken. E.ON selbst begründet den Verkauf der Netze offiziell damit, ein Kartellverfahren der EU abzuwenden. das die EU-Kommission vergangenes Jahr ein gegen E.ON und die französische Gasgesellschaft GdF eingeleitet hatte. Den beiden Energiekonzernen wird vorgeworfen, sich Märkte aufgeteilt zu haben. Die EU-Kommission begrüßte die Ankündigung von E.ON. Diese würde nun im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf den Energiemarkt geprüft, hieß es in Brüssel.

Hessen für mehr Stromproduzenten

Für Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) reicht es dagegen nicht aus, Netze und Stromproduzenten zu trennen. Das führe nicht automatisch zu niedrigeren Preisen, weil die Netzregulierung bereits überhöhte Durchleitungsentgelte verhindere. Damit die Preise sinken, müsse die Zahl der Stromproduzenten erhöht werden, forderte er am Donnerstag. Hessen werde deshalb am 14. März 2008 im Bundesrat einen Gesetzentwurf einbringen, um das Wettbewerbsrecht zu verschärfen. "Notfalls muss das Bundeskartellamt Stromkonzerne zwingen können, Kraftwerke an Dritte zu verkaufen", fordert Riehl. Verfassungsrechtlich stehe dem nichts im Wege.

Die Bundesregierung reagierte am Donnerstag nur knapp auf die Ankündigung von E.ON. Die Frage des Eigentums an den Netzen sei "Sache der Unternehmen", hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf Regierungs- und Branchenkreise berichtete, war Angela Merkel jedoch wenig erfreut über die Nachricht. Die Regierung müsse nun eine eigene Strategie vorlegen, wem die Netze gehören sollten, fordert Verbraucherschützer Krahwinkel. "Das erinnert sehr an die Bahnprivatisierung", sagte er.