Erdogan spricht Armeniern Beileid aus
23. April 2014Für türkische Verhältnisse ist es eine ungewöhnliche Geste. In einer Erklärung wendet sich der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan direkt an "die Enkel der 1915 getöteten Armenier". In neun Sprachen, darunter Armenisch, spricht er den Nachfahren der Todesopfer sein Beileid aus. Die Ereignisse im Ersten Weltkrieg nannte er dabei "unseren gemeinsamen Schmerz". Erdogan erkannte dabei an, dass die Deportation der Armenier im Jahr 1915 "inhumane Konsequenzen" gehabt habe, benutzte aber nicht den Begriff "Völkermord", den die Türkei strikt ablehnt.
Erdogans Erklärung wurde anlässlich des "Tages der Erinnerung" veröffentlicht, der in Armenien am 24. April begangen wird und an den Beginn der Massaker im Jahr 1915 erinnert. Ein Mitarbeiter der türkischen Regierung erklärte, es sei das erste Mal, dass ein türkischer Regierungschef eine solche ausdrückliche Beileidserklärung angeboten habe.
Türkei bestreitet "Genozid"
Armenien betrachten wie andere Länder die Deportationen und Massaker an der armenischen Minderheit in den Jahren 1915 bis 1917 im Osmanischen Reich als gezielten Völkermord der damals regierenden Jungtürkenbewegung. Nach armenischen Angaben starben bei Massakern und Todesmärschen rund 1,5 Millionen Menschen. Die Türkei setzt die Zahl der Opfer wesentlich geringer an und betont, in den damaligen Kriegswirren seien auch viele muslimische Türken ums Leben gekommen.
Bereits Mitte Dezember hatte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu bei einem Besuch in der armenischen Hauptstadt Eriwan die Deportationen als "Fehler" und "unmenschlich" bezeichnet. Im Jahr 2009 hatten die beiden Länder ein Versöhnungsabkommen unterzeichnet, das jedoch scheiterte. Weitere Bemühungen zur Normalisierung der Beziehungen liegen seitdem auf Eis. Die Grenzen zwischen beiden Ländern sind seit 1993 geschlossen. Heutzutage leben rund 60.000 Armenier in der Türkei.
kle/sc (afp, ape, rtre, kna, rtrd)