Erdogan triumphiert
10. August 2014"Der nationale Wille hat wieder gesiegt, die Demokratie hat wieder gesiegt", und: "wir schreiten in eine neue Ära" - Recep Tayyip Erdogan ließ sich bei seiner ersten Rede als Wahlsieger in Ankara von seinen Anhängern bejubeln. Zehntausende versammelten sich in der Nacht vor dem Hauptquartier seiner islamisch-konservativen Partei AKP. Hupende Autokonvois und wehende Türkei- und Parteifahnen überall im Land: Der dreimalige Ministerpräsident Erdogan hat die erste direkte Präsidentenwahl im ersten Anlauf souverän gewonnen. 51,8 Prozent der Stimmen, so die letzten offiziellen Angaben.
Der Sieg des Premiers und Parteichefs war allgemein erwartet worden. Erdogan genießt bei konservativen und religiösen Türken große Unterstützung. Sie halten ihm vor allem den wirtschaftlichen Aufschwung der Türkei zugute.
Der gemeinsame Kandidat der beiden größten Oppositionsparteien, der kemalistischen CHP und die nationalistischenMHP, der frühere Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), Ekmeleddin Ihsanoglu, kam nach Meienberichten auf knapp 39 Prozent der Stimmen. Der linksgerichtete kurdische Politiker Selahattin Demirtas landete bei gut neun Prozent.
Zwei Amtszeiten angestrebt
Erdogan hatte vor der Wahl erklärt, er strebe als Präsident zwei Amtszeiten von je fünf Jahren an. Nach seinem Willen soll das Staatsoberhaupt, das bisher eher repräsentative Aufgaben hatte, mit neuen Befugnissen ausgestattet werden. Dazu will er eine neue Verfassung in Richtung Präsidialsystem durchsetzen.
Erdogans Kritiker befürchten zudem, dass Erdogan die Islamisierung der Türkei vorantreiben wird. Erdogan steht seit 2003 an der Regierungsspitze und hätte nach den AKP-Statuten nach der nächsten Parlamentswahl nicht ein viertes Mal Ministerpräsident werden dürfen. Als Staatsoberhaupt muss er den AKP-Vorsitz abgeben.
Bislang wurde der Präsident in der Türkei durch das Parlament gewählt. Basis für die erste Direktwahl durch das Volk ist ein Verfassungsreferendum aus dem Jahre 2007. Ebenfalls erstmals konnten Auslandstürken in ihren Gastländern ihre Stimme abgeben, auch in Deutschland. Davon machten aber insgesamt nur 8,3 Prozent der Stimmberechtigten Gebrauch.
wl/uh/sc (APE, dpa, afp, rtr)