Erfahrung ist Trumpf in Athen
23. September 2015Einen Tag nach seiner Vereidigung hat der linke griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras seinen Ministerrat gebildet. Damit signalisierte er nach Auffassung der griechischen Medien, dass er die mit den Gläubigern vereinbarten Auflagen erfüllen wolle. Anschließend wird Tsipras dann zum ersten Mal nach seiner Wiederwahl nach Brüssel reisen - zum Flüchtlings-Sondergipfel.
Euklid Tsakalotos wird als Finanzminister erneut oberster Kassenhüter sein, wie Regierungssprecherin Olga Gerovassili im Staatsfernehen (ERT1) mitteilte. Tsakalotos hatte im Sommer das neue griechische Hilfsprogramm in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro mit den Gläubigern ausgehandelt. Zudem wird die neue Regierung einen stellvertretenden Finanzminister haben, dessen Aufgabe es sein wird, die Umsetzung aller Auflagen zu überprüfen. Dieses Amt übernimmt Giorgos Chouliarakis, einer der erfahrensten Unterhändler der Griechen in den Verhandlungen mit den Gläubigern. Kontinuität gibt es auch im Außenministerium. Ressortchef wird hier erneut Nikos Kotzias. Der Chef des Junior-Koalitionspartners der Unabhängigen Griechen (Anel), Panos Kammenos, leitet wie bisher das Verteidigungsministerium.
Zum Brüsseler Sondergipfel anlässlich der aktuellen Flüchtlingskrise reist Tsipras mit konkreten Vorschlägen. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen seiner Linkspartei Syriza erfuhr, will er die Migranten nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft auf alle EU-Staaten verteilen lassen.
Neue Spitze für Nea Dimokratia gesucht
Tsipras war am Montagabend vereidigt worden. Seine Partei hatte die Parlamentswahl am Sonntag mit 35,5 Prozent der Stimmen überraschend deutlich gewonnen. Syriza erhielt 145 Sitze und verfehlte die absolute Mehrheit von 151 der insgesamt 300 Sitze. Zusammen mit den zehn rechtspopulistischen Abgeordneten der Unabhängigen Griechen unter deren Chef Panos Kammenos kann Tsipras aber dennoch regieren. Die erste Sitzung des Parlaments soll am 1. Oktober stattfinden.
Der klare Sieg von Tsipras hat auch Folgen für die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND), die mit 28,1 Prozent abgeschlagen zweite Kraft blieb und die Wahl eines neuen Vorsitzenden ankündigte. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen erfuhr, soll der neue Vorsitzende von allen Mitgliedern durch eine Urwahl bestimmt werden. Bisher gibt es widersprüchliche Informationen, ob der bisherige Chef Evangelos Meimarakis kandidieren wird. Die Wahl soll im Oktober oder spätesten im November stattfinden.