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Erholung oder griechisches Sommermärchen?

Maria Rigoutsou1. Oktober 2014

Zwar läuft es im Tourismus wieder gut. Davon haben viele Griechen wenig, denn rund jeder Dritte ist arbeitslos und die anderen leben von gekürzten Löhnen, die nicht immer pünktlich bezahlt werden. Ein Stimmungsbild.

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Griechenland Euro in der Krise Arbeiter sanieren n Athen in Griechenland das Pantheon auf der Akropolis
Bild: dapd

Es gibt sie, die ersten Zeichen für eine Erholung der wirtschaftlichen Lage in Griechenland. Auch im Tourismus läuft es gut und das Land konnte für den Sommer einen neuen Besucherrekord vermeldet. Viele Griechen spüren allerdings noch nichts von Erholung, denn heimische Unternehmen drücken die vereinbarten Löhne und zahlen die Gehälter oft nicht pünktlich aus.

"Was die Arbeitsbedingungen hier angeht, befinden wir uns noch im Mittelalter. Die Löhne sind den letzten drei bis vier Jahren um 30 Prozent gesunken", sagt Dimitris Karageorgopoulos, Pressesprecher der GSEE, einer der zwei großen Gewerkschaftsbünde des Landes. Doch niedrigere Löhne sind nicht alles. Etwa 1,2 Millionen Arbeitnehmer bekommen ihre Löhne mit einer Verspätung von drei bis zu zwölf Monaten ausbezahlt. In manchen Fällen - auch wenn es gegen das Gesetz verstößt - erhalten sie sogar Lebensmittel statt Geld.

Warten auf Gehalt

Der 37-jährige Jannis und die 40-jährige Maria wohnen auf der Insel Kreta. Beide möchten sie ihre vollen Namen nicht nennen und anonym bleiben. Sie haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Jannis arbeitet bei einer Landwirtschaftsgenossenschaft, die über 100 Leute beschäftigt. Sie exportiert Olivenöl und Wein in die ganze Welt, unter anderem in die USA, nach Australien und Deutschland. Die Arbeitnehmer profitieren allerdings nicht von den guten Geschäften des Unternehmens. "Wir erleben das schlimmste Jahr. Seit fünf Monaten haben wir keinen Lohn bekommen", erzählt der junge Mann. "Manchmal erhalten wir ein bisschen Geld, aber das reicht nicht einmal für Benzin."

Das kann auch Maria bestätigen. Einmal konnte sie sogar nicht zur Arbeit fahren, weil kein Geld für Benzin vorhanden war. Sie arbeitet in einer 25 Kilometer von ihrem Wohnort entfernten Bäckerei- und Konditoreikette mit etwa 250 Angestellten. Es ist eine der größten Ketten der Insel. Seit zwei Monaten hat sie kein Gehalt bekommen. Im Winter wurde sie schon mal vier Monate lang nicht bezahlt. Maria ist sauer, denn sie glaubt, dass die Bäckereikette gute Gewinne einfährt: "Für manche existiert die Krise nicht. Sie gehen über Leichen."

Lohnkürzungen, Urlaubsverzicht, Schikane

Maria arbeitet seit 15 Jahren für ihren Arbeitgeber. Die letzten zwei Jahre wurde ihr Nettolohn von 1.090 auf 815 Euro gekürzt, obwohl das Geschäft ihrer Ansicht nach sehr gut läuft. Im Sommer liegt der Tagesumsatz ihrer Filiale bei ca. 4.000 Euro. Maria ist frustriert. Sie hat nur vier freie Tage im Monat und seit 2012 hat sie fast keinen Urlaub bekommen, obwohl ihr 30 Tage Urlaub pro Jahr zustehen. Tatsächlich kommt sie nur auf fünf Urlaubstage im Jahr.

Und was noch schlimmer ist: Die Mitarbeiter werden durchgehend während der Arbeit über Kameras beobachtet und terrorisiert. "Sie üben Druck auf ältere Mitarbeiterinnen aus, indem sie Ihnen vorwerfen, dass sie faul sind und unmotiviert. Ständig beobachten sie die Kolleginnen über Kameras und unterstellen ihnen, ihre Arbeit nicht zu tun ", erzählt Maria. "Auch wenn das Geschäft leer ist, beschuldigen sie uns, sobald wir uns kurz zum Ausruhen für zehn Minuten hinsetzen. Ihr Ziel ist es, uns los zu werden und neue Mitarbeiterinnen einzustellen, die für 580 Euro im Monat arbeiten."

Überleben nur durch Familienzusammenhalt

Aber wie überleben, wenn der Arbeitgeber kein Gehalt auszahlt und Anspruch auf Arbeitslosengeld oder sonstige staatliche Leistungen nicht bestehen? "Jeder muss sehen wie er klar kommt", sagt Jannis, Vater von zwei Söhnen. "Ich habe ein Cafe im Dorf, aber auch da sind die Umsätze um 50 Prozent gesunken." Maria überbrückt die finanziellen Engpässe, indem sie hin und wieder Geld von Bekannten leiht. Zuletzt aber bleibt die finanzielle Misere doch an der Familie hängen.

"Anders als in anderen Ländern hat die Familie in Griechenland schon immer die Rolle des Arbeitsamtes übernommen und tut es noch immer", erklärt Gewerkschaftsvertreter Dimitris Karageorgopoulos. Die Familien würden helfen, wenn jemand keinen Lohn ausgezahlt bekommt oder seine Arbeit verliert. "Auch als Rentner hören die Eltern niemals auf, ihre Kinder mit allen Mitteln finanziell zu unterstützen. Und das ist sehr schwierig, weil die Renten ja auch von drastisch gekürzt wurden", betont Karageorgopoulos.