Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus
27. Januar 2024Bundeskanzler Olaf Scholz hat zum entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus aufgerufen. Die Parole "Nie wieder" richte sich nicht nur an den Staat, sondern fordere die Wachsamkeit aller, sagte der Kanzler in seinem wöchentlichen Video "Kanzler kompakt". Es dürfe "nie wieder Ausgrenzung und Entrechtung, nie wieder Rassenideologie und Entmenschlichung, nie wieder Diktatur" geben, forderte der Sozialdemokrat und erinnerte an alle Verfolgten unter dem NS-Regime.
Scholz verwies auf Rechtspopulisten, die Zulauf erhielten und Angst schürten. Dieser Entwicklung könne man sich auch entgegenstellen. Dies zeigten die derzeitigen großen Demonstrationen gegen rechts, die auch an diesem Wochenende wieder stattfinden.
In Düsseldorf, Osnabrück und Sigmaringen waren nach Angaben der Veranstalter an diesem Samstag jeweils Zehntausende beteiligt. "Unsere Demokratie ist nicht gottgegeben. Sie ist menschengemacht. Sie ist stark, wenn wir sie unterstützen. Und sie braucht uns, wenn sie angegriffen wird", mahnte Scholz.
Befreiung von Auschwitz vor 79 Jahren
Jeweils am 27. Januar wird weltweit der Opfer des Holocaust gedacht. Das Datum erinnert an die Befreiung der überlebenden Häftlinge des größten NS-Konzentrationslagers Auschwitz durch die Sowjetarmee am 27. Januar 1945.
Die Nationalsozialisten hatten in Auschwitz mehr als eine Million Menschen ermordet, überwiegend Juden. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen, die Vereinten Nationen haben das Datum 2005 zum Gedenktag ausgerufen.
In ganz Deutschland fanden an diesem 79. Jahrestag zahlreiche Veranstaltungen statt. Für die Dienstgebäude des Bundes hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser Trauerbeflaggung angeordnet. Die SPD-Politikerin nahm auch an einer Lesung in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück in Fürstenberg/Havel teil.
"Wir stehen in der Verantwortung"
"Keine 80 Jahre nach dem Ende des Hitler-Regimes werden wieder Pläne geschmiedet, Menschen systematisch zu diskriminieren und zu drangsalieren, zu entrechten und zu vertreiben aufgrund ihrer Abstammung, ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder ihrer politischen Haltung", sagte die Ministerin. "Wir stehen in der Verantwortung, das nicht zuzulassen."
Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf der Plattform X, Nazi-Deutschland habe "die Welt in den Abgrund der Menschlichkeit schauen lassen. Es ist an uns Lebenden, aus der Verantwortung für unsere Vergangenheit heraus unsere Gegenwart zu gestalten. Nie wieder ist jetzt." Zahlreiche Bundesminister zeigten sich auf X mit Schildern der Gedenkkampagne "We remember".
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer zeigte sich besorgt über den Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland. "Ich hätte es nie gedacht, dass es wieder so kommen würde, denn so hat es ja damals auch angefangen", sagte die 102-Jährige im Deutschen Fernsehen. Für "die, die wir das erlebt haben", sei es "besonders schwer zu verstehen und sehr traurig".
Forderung nach neuen Gedenkformen
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte neue Formate für das Holocaust-Gedenken. Es gebe nur noch wenige Überlebende der damaligen Ereignisse, die persönlich Zeugnis ablegen und von den Verbrechen der Schoah berichten könnten, sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Gedenkstätten müssten "digitaler und auch mobiler werden, um gerade junge Menschen da 'abzuholen', wo sie sich gerne aufhalten - und zwar nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch ganz real im Sportverein oder in der Musikschule".
Auch der deutsche Profifußball setzte ein Zeichen gegen Antisemitismus. Bei den Spielen in den Stadien, auf dem Trainingsplatz und bei anderen Veranstaltungen erinnerten die Clubs und Fans an die Verbrechen der NS-Zeit. Angesichts des Angriffs der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober und der zunehmenden Protesten gegen rechts in Deutschland finden die Aktionen diesmal unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt!" statt.
"Der Erinnerungstag im deutschen Fußball ist inzwischen ein fester Bestandteil unseres Spielkalenders und setzt jedes Jahr ein klares, starkes Zeichen", sagte Geschäftsführer Steffen Merkel von der Deutschen Fußball Liga.
uh/gri/hf (dpa, kna)