Erinnerungen an eine glanzvolle Vergangenheit: Was bleibt von Palmyra?
Der Schock sitzt tief: Die Terrormiliz IS hat 2015 die Oasenstadt Palmyra gesprengt. Wie groß der Verlust ist, zeigt eine Ausstellung in Köln – mit Zeichnungen des Franzosen Louis-François Cassas aus dem 18. Jahrhundert.
Zeichner, Archäologe, Architekt
Der Franzose Louis-François Cassas stammte – wie viele Orientreisenden – aus einer Adelsfamilie. Sein Vater war königlicher Landvermesser und ein Marquis. 1785 hielt er sich rund zwei Monate in Palmyra auf. Dort zeichnete er alle Gebäude der legendären Ruinenstadt ab. Sein Werk belegt die glanzvolle Vergangenheit des antiken Palmyra.
Zeichen der Solidarität
123 Zeichnungen und Stichvorlagen befinden sich im Bestand des Wallraf-Richartz-Museums. Für die Ausstellung "Palmyra – was bleibt?" wurden einige extra restauriert. Genau wie seine Vorgänger stieß auch Cassas auf seiner Reise nur auf ein Skelett: Doch anstatt nur die Ruinen zu zeichnen, gelang es ihm, in seinen Zeichnungen zu rekonstruieren, wie Palmyra einst aussah.
Palmenoase und Handelsmetropole
Palmyra liegt auf halbem Weg zwischen Damaskus und der Grenze zum Irak. Die imposanten Bauwerke blieben gut erhalten. Sie entstanden zwischen Christi Geburt und dem dritten Jahrhundert - und zeugen vom Reichtum dieser griechisch-römischen Stadt: Gewürze, Edelsteine, Stoffe wurden durch die Karawanenstadt transportiert. Palmyra war eine unabhängige Freihandelszone.
Architektonischer Stilmix
Palmyra passte sich dem Zeitgeist und der Lage an - auch architektonisch: Die Gebäude sind geprägt von einem griechisch-römischen Stil, gepaart mit ornamentalen Schnörkeln. Das Amphitheater zeigt eine orientalische Palastfront als Bühne. Für diese wurden Stücke in aramäischer Sprache verfasst.
Der Geist der Antike
Seit dem 15. Jahrhundert, der Renaissance, wollten Künstler, Architekten und Gelehrte den Geist der Antike wiederbeleben. Cassas betrieb Bauforschung mit einer besonderen Perspektive: In seinen Zeichnungen unterschied er zwischen vorhandener und erdachter Architektur, die er farblich kennzeichnete. Schwarz erscheint, was er tatsächlich mit eigenen Augen sah, rot seine Rekonstruktionen.
Dokumentation der Turmgräber
In Cassas Zeichnungen lassen sich besonders gut Palmyras Begräbnisrituale studieren. Die Turmgräber bestanden aus drei bis vier Geschossen. Auf jeder Etage wurden 42 Sarkophage untergebracht. Sie waren reich verziert und auf der Grabplatte mit dem Konterfei des Verstorbenen ausstaffiert.
Privileg der Eliten
Dass in den gut 20 Meter hohen Turmgräbern nur reiche Palmyrer, die durch den Wüstenhandel Vermögen angesammelt hatten, bestattet wurden, zeigt auch die reiche Dekoration im Innern. Nicht immer ist klar, was davon real existierte, als er es zeichnete.
Heiligtum des Bel
Die religiöse Kultstätte wurde am Ende des zweiten Jahrhunderts unter römischer Herrschaft fertiggestellt. Es gehörten noch weitere Tempelanlagen dazu, die zerstört wurden. Die Gottheit des Bel war die lokale Entsprechung des griechischen Zeus. Interessant an der Architektur ist die Verzahnung der griechisch-römischen Bautradition und der orientalischen Formensprache.
Tempelanlage des Baalshamin
Der rund 2000 Jahre alte Baalshamin-Tempel wurde ebenfalls vom IS zum Einsturz gebracht. Baalshamin, der "Herr des Himmels", war eine der bedeutendsten Gottheiten in Palmyra. Der Tempel besaß eine Säulenvorhalle und einen dreieckigen Giebel.
Säulenstraße
Die Große Kolonnade war eine gigantische Achse durch Palmyra, die allerdings nicht gerade durch die Stadt verlief, sondern an mehreren Stellen ihre Richtung leicht änderte. An ihren Seiten waren Geschäfte, aber auch die Agora, ein Theater und die Diokletiansthermen angesiedelt.