Warum stürzten 150 Menschen in den Tod?
25. März 2015Die Hoffnungen der Ermittler richten sich auf eine leuchtend orangefarbene Metallbox, die verdreht und beschädigt bereits am Dienstag nur Stunden nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen geborgen werden konnte. Der Stimmen-Rekorder aus dem Cockpit des Airbus A320 ist inzwischen nach Paris gebracht worden. Dort versuchen Ermittler der französischen Flugsicherheitsbehörde, die Daten aus dem Rekorder zu sichern und auszuwerten. Die Umweltministerin Frankreichs, Ségolène Royal, in deren Zuständigkeit die Luftfahrt fällt, sagte in Paris, ihre Experten würden mit Hochdruck an der Auswertung der sogenannten "Blackbox" arbeiten. "Wir wollen wissen, ob die Daten aus dem Flugrekorder schnell ausgewertet werden können. Was kann man aus den Geräuschen schließen? Wir müssen die technischen Gegebenheiten dieses Flugzeuges prüfen und dazu die Trümmer des Cockpits untersuchen", so Ministerin Royal. Aus den Stimmen und Geräuschen im Cockpit können Experten schließen, welche Instrumente bedient wurden und wie die letzten Minuten vor dem Absturz abgelaufen sein müssen.
Identifizierung der Todesopfer kann lange dauern
Der zweite Rekorder, der die Flugdaten wie Flughöhe, Geschwindigkeit und Kurs aufzeichnet, konnte noch nicht gefunden werden. Flugexperten gehen davon aus, dass mit den Daten aus beiden Rekordern die Ursache für einen Flugsturzabsturz mit einer Sicherheit von 95 Prozent ermittelt werden kann. Verkehrsflugzeuge müssen seit 1960 diese Rekorder an Bord haben. Sie können Temperaturen bis 1100 Grad überstehen. Ob die Rekorder den Aufprall der Germanwings-Maschine auf die Felswand in einem Zustand überstanden haben, der eine Auswertung zulässt, ist unklar. Ein Feuerwehrmann, der an den Bergungsmaßnahmen beteiligt ist, sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Flugzeug sei in unglaublich viele kleine Teile zerschellt. "Es wurde förmlich pulverisiert." Deshalb wird auch die Identifizierung der mutmaßlich 150 Leichen noch einige Zeit in Anspruch nehmen, so Umweltministerin Ségolène Royal: "Wir müssen die beste Technik anwenden, um diejenigen zu identifizieren, die ums Leben gekommen sind." Im Zentrum der Rettungskräfte treffen immer mehr Experten aus Frankreich, Deutschland und Spanien ein, die bei der Bergung und Zuordnung der Toten helfen sollen. Wahrscheinlich, sagte ein Arzt an der Unfallstelle, müssten die Leichenteile in spezielle Labore gebracht werden, um sie zu bestimmen. "Die Überreste sind einfach zu klein, um sie vor Ort zu untersuchen."
Französische Staatsanwälte ermitteln
Die Ermittlungen zur Unglücksursache hat die Staatsanwaltschaft in Marseille übernommen. Brice Robin von der Staatsanwaltschaft warnte vor voreiligen Schlüssen. Niemand wisse, was den Absturz verursacht habe, warum das Flugzeug acht Minuten gesunken sei und es kein Notsignal der Piloten gegeben habe. "Die Gründe für den Absturz sind noch völlig unbekannt. Aber wir haben eine Blackbox gefunden. Wir erwarten eine erste vorläufige Auswertung der Unterhaltung im Cockpit am späten Nachmittag. Die endgültige Auswertung wird mit Sicherheit noch einige Tage in Anspruch nehmen, damit die Aussagen auch auswertbar sind", sagte Brice Robin vor Reportern am Basislager der Rettungskräfte in Seyne-les-Alpes. Bei den Ermittlungen will die französische Staatsanwaltschaft mit den Behörden in Spanien und Deutschland eng zusammenarbeiten und hat viele offene Fragen. Deshalb wurde eine förmliche Zusammenarbeit bei der EU-Staatsanwaltschaft Eurojust in Den Haag beantragt, sagte Staatsanwalt Brice Robin: "Es gibt wichtige Ermittlungsschritte, die wir heute durch zwei Anfragen über Eurojust eingeleitet haben. Wir wollen von den spanischen und deutschen Behörden wissen, in welchem Zustand die Maschine geflogen ist, wie sie gewartet wurde. Wie waren die Umstände des Einsteigevorgangs und welche Materialien waren als Fracht an Bord?"
"Keine Einwirkung Dritter"
Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve sagte nach einer Sitzung des Kabinetts in Paris, er habe keine Hinweise auf einen Terroranschlag oder Gewalteinwirkung von außen. "Wir können diese Hypothese nicht völlig ausschließen, aber das ist nicht die vorrangige Hypothese. Die hauptsächliche Aufgabe, der wir nachgehen, ist eine genaue Rekonstruktion des Absturzes. Dazu werten wir zurzeit die "Blackbox" aus. Auch der deutsche Innenminister, Thomas de Maizière, geht nicht von einem Anschlag aus. Er warnte davor, über die mögliche Unglücksursache zu spekulieren. Das gebiete allein schon die Rücksicht auf die Hinterbliebenen der Opfer. Er habe keine "belastbaren Hinweise darauf, dass der Absturz durch Dritte verursacht wurde", sagte der Minister in Berlin vor Journalisten.