Ermittlungen gegen Wulff laufen
18. Februar 2012Seit Samstagmorgen läuft das Ermittlungsverfahren gegen den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff, wie Hans-Jürgen Lendeckel, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, bestätigte. Ob noch an diesem Wochenende konkrete Aktionen der Staatsanwaltschaft zu erwarten seien, wollte er jedoch nicht mitteilen. "Mehr werde ich dazu nicht sagen. Auch zum weiteren Fortgang des Verfahrens werde ich mich nicht äußern", so Lendeckel. Die Federführung bei den Ermittlungen hat der leiter der Zentralstelle Korruptionssachen, Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer.
Gegen Wulff gibt es einen Anfangsverdacht der Vorteilsnahme. Im Fokus des Verfahrens steht das dienstlich-private Verhältnis zwischen Wulff und dem Filmfondsmanager David Groenewold. Auch gegen ihn soll ermittelt werden. Bisher hatte die Staatsanwaltschaft nicht die Möglichkeit, im Fall Wulff selber Zeugen zu befragen, Dokumente sicherzustellen oder Akten einzusehen. Die Justiz in Hannover stützt ihren Anfangsverdacht, Wulff habe während seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident (2003 - 2010) eventuell Vorteile von Groenewold angenommen, bisher allein auf die Darstellung der Vorgänge in den Medien. Die Staatsanwaltschaft hatte in dieser Woche beim Bundestag die Aufhebung der Immunität Wulffs beantragt, um Ermittlungen aufnehmen zu können - ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik. Letztendlich brachte dieser Vorgang Wulff dazu, vom Amt mit sofortiger Wirkung zurückzutreten. Dies machte wiederum den Weg für die Ermittlungen frei.
"Immer aufrichtig"
Groenewold hatte mit Wulff und dessen späterer Ehefrau Bettina 2007 Urlaub auf der Nordsee-Insel Sylt gemacht und zunächst die Hotelkosten bezahlt. Wulff will den Betrag später in bar beglichen haben. Die niedersächsische Landesregierung hatte einer Firma Groenewolds knapp ein Jahr zuvor eine Bürgschaft von vier Millionen Euro gewährt, die allerdings nicht in Anspruch genommen wurde. Von der Öffentlichkeit vorgehalten werden Wulff unter anderem auch die Inanspruchnahme eines günstigen Kredits für sein Eigenheim und sein Umgang mit den Medien.
Wulff zeigte sich überzeugt, dass die Ermittlungen ihn entlasten werden. "Ich habe zwar Fehler gemacht, aber ich war immer aufrichtig", beteuerte der 52-Jährige. Als Begründung für seinen Rücktritt führte Wulff an, Deutschland brauche einen Präsidenten, der sich uneingeschränkt den nationalen und gewaltigen internationalen Herausforderungen widmen könne und der vom Vertrauen einer breiten Mehrheit der Bürger getragen werde. Die Entwicklung der vergangenen Tage und Wochen habe jedoch gezeigt, dass dieses Vertrauen "nachhaltig beeinträchtigt" sei.
Finanzielle Zukunft ungewiss
Juristen sind sich derweil uneins, ob Wulff Anspruch auf einen sogenannten Ehrensold hat. Laut Gesetz erhalten ehemalige Bundespräsidenten lebenslang ihre bisherigen Amtsbezüge weiter, die aktuell bei 199.000 Euro pro Jahr liegen. Auch einem Bundespräsidenten, der vor Ablauf seiner Amtszeit ausscheidet, steht ein solcher Ehrensold zu. Bedingung ist aber, dass das Ausscheiden aus "politischen oder gesundheitlichen Gründen" erfolgt. Wulff sei aber aus persönlichen Gründen zurückgetreten, heißt es. In diesem Punkt gibt es unter Juristen unterschiedliche Auffassungen.
CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier erinnerte am Samstag daran, dass Wulff als Rücktrittsgrund die mangelnde öffentliche Unterstützung angab: "Das ist für mich eindeutig ein Hinweis darauf, dass es ein Rücktritt aus politischen Gründen war." Er habe keinen Zweifel daran, dass Wulff das Geld zustehe. Derzeit erhalten noch vier ehemalige Bundespräsidenten die ihnen zustehenden sogenannten Ruhebezüge: Walter Scheel (Amtszeit: 1974 - 1979), Richard von Weizsäcker (1984 - 1994), Roman Herzog (1994 - 1999) und Horst Köhler (2004 - 2010).
wa/gco/ml (dpa, dapd, afp, rtr)