Erneut Krawallnacht in Barcelona
19. Oktober 2019In Barcelona kam es am Abend des großen Protesttags in einigen Bezirken der Stadt zu Ausschreitungen zwischen Polizisten und einigen Hundert Demonstranten. Viele von ihnen waren maskiert. Sie zündeten Feuer an und bewarfen die Bereitschaftspolizei mit Steinen. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Gummigeschosse, Tränengas und Schlagstöcke gegen sie ein. Ausschreitungen gab es am Abend auch in Girona, Tarragona und Lleida. Mindestens 15 zum Teil minderjährige Aktivisten seien allein in Barcelona festgenommen worden, teilten die regionalen Sicherheitsbehörden mit. In ganz Katalonien habe es insgesamt 31 Festnahmen gegeben.
Zentralregierung droht Chaoten mit Justiz
Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska warnte, den Teilnehmern gewaltsamer Ausschreitungen drohten bis zu sechs Jahren Haft. Seinen Angaben nach konzentrierten sich die Krawalle auf die Umgebung des Polizeihauptquartiers. Die Zahl der gewalttätigen Demonstranten wurde auf mehr als 4000 geschätzt. Darunter befänden sich rund 400 Chaoten, die organisiert auftreten, hieß es von Grande-Marlaska. Die dem Madrider Innenministerium unterstehende Guardia Civil wurde zur Verstärkung in den Stadträndern Barcelonas zusammengezogen.
Die Bilanz: 400 Krawallmacher unter 525.000 Menschen, die laut Polizeiangaben zum vorläufigen Höhepunkt der Protestwoche zusammenkamen. Die Hauptkundgebung auf dem Prachtboulevard Passeig de Gracia im Stadtzentrum verlief ohne größere Zwischenfälle. Die Teilnehmer allen Alters, darunter auch Kinder, forderten in zumeist ausgelassener Stimmung die Freilassung der "politischen Gefangenen" und sangen auch die katalanische Hymne. Sie schwenkten katalanische Flaggen und forderten in Sprechchoren "Freiheit für politische Gefangene".
Rund 30.000 Menschen hatten sich den "Märschen für die Freiheit" angeschlossen, die in verschiedenen Teilen der Provinz bereits am Mittwoch gestartet waren, um in Barcelona zusammenzutreffen. Ein Generalstreik legte das Leben in der 1,6-Millionen-Einwohner-Metropole weitgehend lahm, auch für Touristen.
Die Proteste entzündeten sich am Montag an der Verurteilung von neun katalanischen Separatistenführern zu neun bis 13 Jahren Haft. In den vergangenen Tagen gab es in der Regionalhauptstadt Barcelona die gewalttätigsten Proteste in Spanien seit Jahrzehnten.
Die Stadtverwaltung bezifferte den dabei entstandenen Schaden auf 1,5 Millionen Euro. Allein 700 Müllcontainer seien in Brand gesetzt worden. Innenminister Grande-Marlaska sagte, seit Beginn der Proteste seien in ganz Katalonien 128 Demonstranten festgenommen worden. 400 Personen wurden nach Behördenangaben verletzt, die Hälfte davon sind Polizisten.
Im Oktober 2017 hatte eine Mehrheit der Katalanen in einem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum für die Ablösung von Spanien gestimmt. Daraufhin wurden die Regierungsgeschäfte kommissarisch von Madrid übernommen und einige Separatistenführer verhaftet.
ust/ml (rtr, dpa, ap)