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Flüchtlingspolitik ohne klare Zahlen

12. November 2015

Während der Bundesinnenminister noch Kursänderungen in der Flüchtlingspolitik verteidigt, muss sein Amt Versäumnisse einräumen. Es sei unklar, wieviele Asylsuchende es derzeit in Erstaufnahmestellen gebe.

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Erstaufnahmelager in Halle bei Passau (Bild: getty Images/J Koch)
Bild: Getty Images/J. Koch

Der Regierung liege "keine Gesamtübersicht über die Zahl der in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachten Asylbewerber vor", schrieb der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU) an die Grünen-Abgeordnete Renate Künast, die sich mit einer entspechenden Anfrage gemeldet hatte.

Der Regierung sei auch nicht bekannt, wieviele Menschen von den ersten Einrichtungen dann auf die Kommunen verteilt worden seien, so Schröder. Er verwies allerdings darauf, dass zwischen Anfang Januar und dem 2. November gut 770.000 Flüchtlinge im Rahmen des sogenannten EASY-Verfahrens verteilt worden seien.

Verständnis und Kritik

Die Grünen-Abgeordnete Künast sagte, jeder habe Verständnis dafür, dass es schwierig sei, die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland präzise angeben zu können. Dass die Bundesregierung "aber schlicht gar nicht weiß, wie viele Menschen sich zur Zeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen aufhalten, ist peinlich". Wie könne eine vernünftige Flüchtlingspolitik gelingen, wenn schon die statistische Erfassung nicht einmal im Ansatz funktioniere, fragte Künast.

Sie betonte, statt täglich "mit neuen Gesetzesverschärfungen zu marodieren", sollten Innenminister Thomas de Maizière und Kanzleramtsminister Peter Altmaier, "lieber ihre Hausaufgaben machen". Die Schutzsuchenden müssten versorgt und registriert werden und ihre Anträge müssten bearbeitet werden, mahnte die frühere Verbraucherschutzministerin.

Debatte über verschärfte Asylregeln hält an

De Maizière hatte in den vergangenen Tagen mit Verschärfungen bei der Asylpolitik für Unmut auch in der Regierung gesorgt. Die Neuerungen betrafen vor allem die Situation der in Deutschland um Asyl bittenden syrischen Flüchtlinge. In einer Bundestagsdebatte am Mittwoch hatte der Bundesinnenminister seine Entscheidung verteidigt, das Dublin-Verfahren wieder für syrische Asylbewerber anzuwenden. "Wir verfolgen das Ziel, damit wieder zu geordneten Verfahren bei der Einreise zurückzukehren", sagte de Maizière im Bundestag.

Asylsuchende aus dem Bürgerkriegsland können demnach in den Staat zurückgeschickt werden, über den sie in die EU eingereist sind. Wegen der stark angestiegenen Flüchtlingszahlen habe man dieses Vorgehen bei Syrern im August vorübergehend gestoppt, es im Oktober aber wieder eingeführt, sagte de Maizière. Die SPD hatte überrascht auf die Entscheidung reagiert, auch weil sie sehr kurzfristig getroffen wurde und weder mit dem Kanzleramt noch mit dem Koalitionspartner abgesprochen war.

bri/haz (dpa, epd, afp)