Erster Holocaust-Lehrstuhl für Deutschland
27. Juli 2015Die Frankfurter Goethe-Universität hat Gelder bereitgestellt, um den ersten deutschen Holocaust-Lehrstuhl einzurichten. Im Fokus der Forschung soll insbesondere die Wirkungsgeschichte des organisierten Massenmordes stehen, bei dem das Nazi-Regime während des Zweiten Weltkriegs rund sechs Millionen Juden und andere für minderwertig erklärte Bevölkerungsgruppen tötete.
Wer den Holocaust-Lehrstuhl an der Frankfurter Goethe-Universität besetzen soll, ist noch nicht klar. Klar ist aber, es solle eine bekannte Persönlichkeit sein: "Wir wollen das Thema an die Menschen heranzutragen", sagt Olaf Kaltenborn, Sprecher der Goethe-Universität, im DW-Gespräch.
Neben dem Holocaust-Lehrstuhl soll die Person auch den Vorsitzend des Fritz Bauer Instituts übernehmen. Das interdisziplinäre Forschugnsinstitut auf dem Campus der Goethe-Universtität versteht sich als "unabhängige Forschungs-, Dokumentations- und Bildungseinrichtung zur Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen", wie es auf der Internetseite heißt.
Überfällige Forschungs-Einrichtung
"70 Jahre nach Ende der Shoah ein überfälliger Schritt", sagt der hessische Staatsminister Boris Rhein. "Im Land der Täter darf es kein Vergessen geben."
Lehrstühle sowie Bachelor- und Masterprogramme zur Völkermord- und Holocaust-Forschung gibt es schon lange in den USA und anderen europäischen Ländern. So findet auch der niederländische Historiker Johannes Houwink ten Cate, der das Fach seit 2002 in Amstedam lehrt, den Schritt in Deutschland " überfällig", aber auch "fantastisch und unglaublich positiv": "Das passt zu der Aufmerksamkeit, die dem Thema aktuell in der deutschen Öffentlichkeit zuteil wird. Und es entspricht internationalen Strömungen."
Rassismus immer noch aktuell
Die Universität Amsterdam, sagt ten Cate, habe einen regelrechten Ansturm auf das Studienfach erlebt: "Es ist sehr gefragt, die Leute sind unglaublich interessiert am Holocaust."
Manfred Schubert-Zsilavecz, Vize-Präsident der Goehte-Universität, sagt: "Von der Professur versprechen wir uns nicht nur ein besseres Verständnis des Holocaust. Von ihr sollen auch wichtige Impulse ausgehen, um mit Blick auf die Strukturen der NS-Herrschaft gegenwärtige Konflikte, Diskriminierung und Unterdrückung in der Welt besser zu begreifen." Die Goethe-Universtität ist laut Schuber-Zsilavecz genau der richtige Ort für den ersten Holocaust-Lehrstuhl des Landes. Schließlich sei sie 1914 auf Initiative von mehrheitlich jüdischen Bürgern gegründet worden.