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Afghanistan in Not

31. Januar 2008

Während Deutschland über mehr Soldaten am Hindukusch streitet, warnt eine neue US-Studie vor dem Zerfall Afghanistans. Zudem machen Wintereinbruch und neue Anschläge dem Land zu schaffen.

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Deutsche ISAF-Soldaten bei Kabul (Quelle: AP)
DIE NATO will mehr: Deutsche ISAF-Soldaten bei KabulBild: AP

Nach Ansicht von US-Experten droht Afghanistan als Staat zu scheitern, wenn nicht bald Schritte zur Verbesserung der Sicherheitslage und zum Wiederaufbau unternommen werden. Gerade in dünnbesiedelten Landstrichen seien die radikal-islamischen Taliban wieder auf dem Vormarsch, hieß es in einem Bericht des US-Atlantikrats in Washington, der am Mittwoch (30.1.2008) Kongressabgeordneten in Washington vorgestellt wurde.

Staatsreformen und der Wiederaufbau seien zurückgeblieben, vor allem im Süden des Landes. Weniger als zehn Prozent der internationalen Hilfe für Afghanistan gingen direkt an die Afghanen, sagt der Bericht. Ein Scheitern des afghanischen Staates würde die Stabilität der gesamten Region bedrohen.

Jung: Auslandseinsatz dient Deutschlands Sicherheit

Verteidigungsminister Franz Josef Jung beim Truppenbesuch in Mazar-I-Sharif (Quelle: AP)
Verteidigungsminister Franz Josef Jung beim Truppenbesuch in Mazar-I-SharifBild: AP

Bei einem Afghanistan-Besuch forderte der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung inzwischen mehr Rückhalt in der deutschen Bevölkerung für den Einsatz der Bundeswehr. Den Bürgern sei oft nicht bewusst, dass Auslandseinsätze ihrer eigenen Sicherheit dienten, sagte Jung am Mittwoch (30.1.2008) im nordafghanischen Masar-i-Scharif. Wenn man den neuen Risiken durch den Terrorismus entgegentreten wolle, müsse man die Gefahr an der Wurzel packen.

Zu wenig deutsche Ausbilder im Land?

Im deutschen Feldlager Kundus informierte sich Jung später über die Ausbildung afghanischer Polizisten durch Feldjäger der Bundeswehr. Das Verteidigungsministerium will die Zahl der Polizei-Trainer demnächst auf 40 aufstocken. Separat davon sind in Afghanistan 20 deutsche Polizisten als Ausbilder eingesetzt.

Der Deutsche Bundeswehrverband kritisierte am Donnerstag hingegen massive Mängel beim Aufbau der Polizei in Afghanistan. "Deutschland und die europäischen Partner müssen wesentlich mehr in den Polizeiaufbau investieren", forderte der Verbandsvorsitzende Bernhard Gertz in der Zeitung "Neuen Presse".

Taliban töten Politiker

Der stellvertretende Gouverneur der südafghanischen Unruheprovinz Helmand fiel am Donnerstag (31.1.2008) einem Selbstmordanschlag zum Opfer. Der Attentäter zündete seinen Sprengsatz in einer Moschee der Provinzhauptstadt Laschkar Gah. Neben Vize-Gouverneur Pir Mohammad und dem Attentäter kamen nach Polizeiangaben mindestens fünf weitere Menschen ums Leben, unter ihnen noch ein Beamter der Provinzverwaltung. 18 Menschen wurden verletzt. Die Taliban bekannten sich zu der Tat.

Entsetzen am Ort des Selbstmord-Anschlags in Kabul (Quelle: AP)
Entsetzen am Ort des Selbstmordanschlags in KabulBild: AP

Zuvor hatte ein Selbstmordattentäter in Kabul seine Autobombe neben einem Bus der afghanischen Streitkräfte gezündet und mindestens eine Zivilperson mit sich in den Tod gerissen. Ein Soldat und drei weitere Zivilpersonen wurden nach Angaben des Innenministeriums zum Teil schwer verletzt.

Rekordzahl an Selbstmordanschlägen

Die beiden Anschläge wiesen Beobachtern zufolge darauf hin, dass die Taliban ihre Kampagne der Gewalt im neuen Jahr unvermindert fortsetzen. 2007 wurden mehr als 140 Selbstmordanschläge verübt, dies war die höchste Zahl seit dem Sturz der Taliban Ende 2001. Insgesamt fielen der Gewalt rund 6500 Menschen zum Opfer - überwiegend Aufständische, die in Gefechten getötet wurden.

Hunderte Tote nach Wintereinbruch

Wegen eisiger Kälte und riesiger Schneemengen kamen nach Angaben der Deutschen Welthungerhilfe diesen Winter schon mehr als 500 Menschen in Afhganistan ums Leben. "Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen", erklärte Uwe Hermann, Projektleiter der Organisation in der Provinz Jawzjan, am Donnerstag. Viele Regionen seien unzugänglich.

Wegen der langen Kälteperiode seien die Vorräte an Nahrung und Brennmaterial erschöpft, so die Hilfsorganisation mit Sitz in Bonn. Die Lage bleibe weiter dramatisch. "Die Menschen haben nichts mehr zu essen für sich und ihr Vieh, das Heizmaterial ist ausgegangen, sie sind ausgemergelt und frieren", so Hermann. Aus Verzweiflung hätten sich bereits Menschen umgebracht.

Die Welthungerhilfe hat 25.000 Menschen im Norden Afghanistans mit Decken, Kleidung und Lebensmitteln versorgt. Weitere 25.000 Kälteopfer sollen in den nächsten Tagen Hilfspakete erhalten. Das Bundesentwicklungsministerium hatte am Mittwoch eine Million Euro für humanitäre Nothilfe bereitgestellt. (leix)

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