Schweden gewinnt ESC 2012
27. Mai 2012
Die Buchmacher wussten es seit Wochen, die schwedische Delegation war ohnehin überzeugt: Loreen, ihre 28-jährige Sängerin, hat mit der Trance-Techno-Nummer "Euphoria" souverän den Eurovision Song Contest in Baku gewonnen.
Schon nach zwei Dritteln der Punkteauszählung war sie uneinholbar, da ihr Lied aus jedem Land Punkte erhalten hatte. Die Auszählung der Stimmen aus 42 europäischen Ländern endete mit dem traumhaften Ergebnis von 372 Punkten. Auf Platz 2 landete ebenfalls ein Favorit: Die russischen Buranovski Babushki mit 259 Punkten und ihrem Titel "Party for everybody". Platz 3 belegte mit 214 Punkten der Serbe Željko Joksimović mit der Ballade "Nije ljubav stvar". Roman Lob, der selbst gesagt hatte, dass er gerne die Top-Ten schaffen würde, erlangte Platz 8 mit 110 Punkten und dem Song "Standing Still".
Die ebenfalls hoch favorisierten Länder Spanien und Italien landeten auf den Plätzen 9 und 10. Erstaunlicherweise konnte der albanische Titel "Suus" von Rona Nishliu aus dem Kosovo Platz 5 erreichen, obwohl er trotz hervorragender gesanglicher Darbietung von vielen im Vorfeld als zu kompliziert und nicht pop-konform eingestuft worden war.
Tanzen und Schmachten für Europa
Das musikalische Spektrum des diesjährigen Eurovision Song Contest war breit gefächert und spiegelte diverse aktuelle Poptrends wider. Neben Dancepop in den verschiedensten Schattierungen dominierten Balladen mit großen Arrangements, doch auch Folkloristisches wie etwa der Beitrag aus Moldawien oder lokal gefärbter Pop aus der Türkei waren im Angebot. Retro-Soul aus Italien gab es ebenso wie Dudelsäcke gepaart mit spanischen Texten aus Rumänien.
Pomp im Staatsauftrag
20.000 Menschen verfolgten die dreistündige Show in der eigens zu diesem Zweck errichteten futuristischen Crystal Hall in Baku, 120 Millionen sahen den größten Musikwettbewerb der Welt im Fernsehen.
Der ausrichtende aserbaidschanische Fernsehsender "İctimai" bescherte dem Publikum eine Show mit vielen Landesimpressionen und diversen traditionellen und folkloristischen Einlagen mit riesigen Trommel-Ensembles und Feuerkunst.
Moderiert wurde der Abend von Eldar, einem Teil des Duos El und Nikki, das mit seinem Titel "Running Scared" im letzten Jahr den ESC gewonnen hat, sowie den beiden Fernsehmoderatorinnen Nargiz und Leyla. Letztere ist die Tochter des Präsidenten Aliyev und verheiratet mit dem aserbaidschanischen Pop-Künstler Emin, der in der Abstimmungspause des Contests auftrat.
Contest unter Polizeiaufsicht
Die drei Veranstaltungen des ESC in Baku fanden unter extremen Sicherheitsvorkehrungen und mit ungeheurer Polizeipräsenz statt. Während dieser Woche wurden immer wieder Menschen festgenommen, die gegen die Vereinnahmung des ESC durch den autoritären Präsidenten Aliyev demonstriert hatten. Auch waren im Vorfeld Rufe nach einem Boykott der Veranstaltung laut geworden, weil in Aserbaidschan, in einem Land, in dem es keine freien Wahlen gibt, Menschenrechte missachtet würden.
In der Veranstaltung selbst war davon fast nichts zu spüren. Kein Künstler nutzte seinen Auftritt für ein politisches Statement, lediglich Anke Engelke, Moderatorin des ESC von 2011 in Düsseldorf und diesjährige Überbringerin der Punkte aus Deutschland sagte, dass es gut sei, dass niemand für sein Land abstimmen könne. "Aber es ist gut, abzustimmen, und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück
auf eurer Reise, Aserbaidschan. Europa schaut auf euch."
Fast 43 Länder im Wettbewerb
26 Länder waren im Finale des ESC in Baku. Von den 42 Teilnehmerstaaten qualifizierten sich 20 in zwei Halbfinalen am Dienstag und Donnerstagabend, die so genannten Big Five, die Hauptzahler der European Broadcasting Union, Italien, Spanien, Deutschland, Großbritannien und Frankreich waren für das Finale gesetzt, ebenso das Gewinnerland von 2011, Aserbaidschan. Das 43. Land Armenien boykottierte den Wettbewerb, nachdem der aserbaidschanische Präsident Armenier in aller Welt als Feinde des Staates bezeichnet hatte.
Der nächste ESC wird nach dem schwedischen Sieg wahrscheinlich in Stockholm stattfinden. Damit wird Schweden zum fünften Mal Austragungsort eines Eurovision Song Contests. Die strahlende Siegerin erklärte bei der Pressekonferenz, dass alle Kandidaten hervorragend gewesen seien und sie nur dem diesjährigen Publikumsgeschmack ihren Erfolg verdanke. "Mein Tanz ist ein Symbol für die Freiheit", fügte sie hinzu. "Und ich bin überglücklich, dass mein Lied so angenommen wurde, obwohl es nicht unbedingt mainstream ist."