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Erfolg nach 125 Jahren

Günther Birkenstock25. November 2012

Vor 125 Jahren entstand die Sprache Esperanto. Menschen, die sie sprechen, gibt es auf der ganzen Welt. Politische Gründe haben im vergangenen Jahrhundert ihre Verbreitung behindert. Doch jetzt wird sie immer beliebter.

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Ulrich Matthias und seine aus China stammende Frau Nan Matthias-Wang lesen mit ihrer Tochter Christina ein Kinderbuch auf Esperanto Foto: dpa
Bild: picture-alliance /dpa/dpaweb

Wieviele Menschen Esperanto sprechen, weiß niemand genau. Die Schätzungen reichen von 500.000 weltweit bis zu zwei Millionen. Die meisten davon in Europa. In Deutschland soll es rund 100.000 Menschen geben, die die sogenannte "Plansprache" beherrschen. 1887 wurde das erste Esperanto-Buch veröffentlicht. Autor und Schöpfer der Sprache war der Arzt und Philologe Ludwig Lazarus Zamenhof aus Bialystok, einem Ort, der heute zu Polen gehört und damals in Russland lag. Er wollte ein Verständigungsmittel schaffen, das Menschen aus verschiedensten Nationen und Kulturbereichen verbindet und so den Frieden in der Welt fördert.

Politische Hürden

Dass die Sprache nach 125 Jahren nur einige hunderttausend Anhänger hat, liegt vor allem an politischen Hindernissen, sagt der Historiker Ulrich Lins. Er war einige Jahre stellvertretender Vorsitzender des Esperanto-Weltbundes. "Die Sprache wurde besonders im Nazi-Deutschland und der Sowjetunion als gefährlich betrachtet, als subversives Mittel gegen nationale Interessen der Nation." Esperanto galt als Möglichkeit, um Informationen aus dem Ausland zu beschaffen oder ins Ausland zu liefern. Ein Verbrechen im Deutschland der Nationalsozialisten und der abgeschotteten Sowjetunion. Deshalb seien die Esperantisten verfolgt worden, erklärt Lins im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Der Historiker Ulrich Lins, Foto: cc-by-sa-Ziko-C
Historiker Ulrich LinsBild: cc-by-sa-Ziko-C

Auch wenn die Motive der Esperanto-Begeisterten vielfältig waren, häufig handelte es sich um besonders freigeistige Menschen, Kosmopoliten, die sich gegen übertriebenen Nationalismus stellten. "Esperanto war etwas für diejenigen, die einen Internationalismus von unten praktizieren wollten." Daher seien sie oft in die Nähe von Sozialisten und Kommunisten gestellt worden. Hinzu kam, dass Esperanto-Erfinder Zamenhof Jude war.

"Nach dem Zweiten Weltkrieg war Englisch dann so stark, dass Esperanto keine Chance mehr hatte", ergänzt Historiker Lins. Aber seit einigen Jahren ist Esperanto wieder im Kommen. Durch das Internet seien die Möglichkeiten heute größer als je zuvor, sich mit Menschen anderer Nationen zu verständigen. Esperanto sei das Mittel, die sprachlichen Hürden zu überwinden.

Weltweites Reisen ist leichter

Diese Erfahrung kann Roland Schnell nur bestätigen. Er ist Sprecher des Esperanto-Verbandes Berlin und Umgebung. Der Verein hat rund 100 Mitglieder. Aber rund 1000 Menschen in der Region seien in der Lage, die Sprache zu sprechen. Der Wunsch, die Welt auf günstige Art zu bereisen, sei mit Esperanto leichter zu erfüllen, erklärt Schnell. "Couchsurfing gibt es in Esperanto seit 1974. Und das wird fleißig genutzt". Unter "Couchsurfing" versteht man die Möglichkeit, über ein internationales Netzwerk der Gastfreundschaft bei anderen gratis zu übernachten. Oft ist damit auch mehr verbunden, zum Beispiel, den Reisenden die Stadt zu zeigen. Roland Schnell konnte zwar kein Französisch, hat aber mit Esperanto in Frankreich schnell Kontakte gefunden. Heute versteht er auch die Sprache des Nachbarlandes.

Roland Schnell, Vorsitzender des Esperanto-Bundes Berlin und Umgebung Rechte: privat
Dass Esperanto beim Reisen hilft, weiß Roland Schnell aus eigener ErfahrungBild: privat

Die Zahl der Esperanto-Sprecher zählt nicht

Dass Esperanto weit weniger Menschen sprächen, als zum Beispiel Englisch oder Französisch, hält Schnell für ein Totschlag-Argument. "Die Summe zählt nicht. Es geht darum, auf freiwilliger Basis ein Kommunikationsmittel anzubieten, das jeder benutzen kann."

Schnell betont, dass Esperanto schon immer seinen praktischen Nutzen gezeigt habe. "Da gab es Werbe-Anzeigen in Tageszeitungen von Händlern für Wein, Whisky und Zigarren." Die Werbung in Zeitungen sei heute zunehmend schwierig, weil die Bedeutung der Blätter im Internet-Zeitalter abnehme. Aber es gebe andere Möglichkeiten. Aktuell plant der Berliner Esperanto-Verband, Plakate an extra dafür in der Stadt abgestellten Fahrrädern zu befestigen. In Warschau braucht man dazu keine Plakate mehr. Hier hatte der Vorschlag gewonnen, die 1100 Leihfahrräder der Stadt mit einem Esperanto-Wort als "Veturilo" zu bezeichnen. Werbewirksam sei auch, dass inzwischen einige Hotels den Namen "Esperanto" nutzen würden, um ihren internationalen Charakter in den Vordergrund zu stellen. Ob es an diesen Erfolgen liege, dass die Zahl der Esperanto-Sprecher zunimmt, sei zwar nicht sicher, erklärt Schnell. Aber dass die Sprache immer mehr Anhänger findet, sei eindeutig.

Das neue Schwergewicht in Fuldas Kongress- und Tagungslandschaft fällt auf: Mehr als drei Fußballfelder groß ist das «Kultur- und Kongresszentrum Esperanto», das am 24. September offiziell öffnet (Foto vom 16.09.2005). Mehr als 600 Betten, eine Multifunktionshalle für bis zu 6000 Menschen, ein öffentliches Schwimmbad, sechs Mal Gastronomie und eine Tagungsetage mit 18 Räumen - so etwas gab es bislang weder in Fulda noch anderswo in der Rhön. Foto: Verena Wolff dpa/lhe (zu dpa/lhe-KORR: "Kultur- und Kongresszentrum Esperanto öffnet in Fulda" vom 19.09.2005) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Hotel Esperanto in FuldaBild: picture-alliance /dpa