Essen zu wenig effizient
19. Dezember 2021Essen will seine Küken halten
Lea Schüller, Marina Hegering, Lena Oberdorf, Sara Doorsoun - mit den Ehemaligen der SGS Essen könnte man problemlos ein halbes deutsches Nationalteam bestücken. Das berüchtigte Ausbluten diesmal zu verhindern, erhoffen sie sich nun bei der SGS. Nach dem letzten Spieltag vor der Winterpause steht Essen allerdings nur auf einem mäßigen Platz neun. "Wir haben gemischte Gefühle über die Saison", bilanziert Verteidigerin Nina Räcke gegenüber der DW. "Wir sind froh, uns von unten abgesetzt zu haben, das Polster fühlt sich gut an. Aber wenn man sich unsere Spiele anschaut, weiß man, dass wir oft unter unseren Möglichkeiten spielen."
Oft war das Talent auch bei der 1:2-Niederlage in Köln sichtbar, wo Essen gefällig und vor allem technisch stark nach vorn kombinierte. Das bessere Team waren sie entgegen eigener Behauptungen allerdings nicht. Zu umständlich und ohne Durchschlagskraft blieb das Offensivspiel, im Gegensatz zum 1. FC Köln, der rasend schnell und kühl konterte. Die ewige Peggy Kuznik, Kapitänin des FC, wurde derweil zurecht emotional für ihr 300. Bundesligaspiel geehrt.
Das Essener Modell bleibt ein bodenständiges: Die Spielerinnen sind Halbprofis, gehen zur Schule oder arbeiten nebenher. Nina Räcke betont, vielen sei das wichtig, noch einen anderen Lebensmittelpunkt zu haben als Fußball. "Manchmal denkt man schon: Wie wäre es als Vollprofis, was würde das sportlich bedeuten? Aber so wie es aktuell ist, gibt es uns auch sehr viel."
Und es spricht für die Essener Ausbildung, dass seine Schülerinnen wieder hoch im Kurs stehen. Aktuell sind mit der 18-jährigen Stürmerin Carlotta Wamser, ihrer ebenfalls gerade volljährigen Mittelfeldkollegin Beke Sterner, der 21-jährigen Torhüterin Stina Johannes oder der gerade erst 17-jährigen Fee Kockmann Namen auf dem Platz, die erneut als große Versprechen gelten oder – wie Wamser – schon als Teenagerin eine zentrale Säule des Bundesliga-Teams sind. "Auch in Essen werden die Bedingungen immer professioneller. Wir haben jetzt einen eigenen Platz, wir kriegen ein neues Funktionsgebäude", so die ebenfalls erst 20-jährige Nina Räcke. "Ich habe die Hoffnung, dass die Mannschaft diesmal lange zusammenbleibt." Zumindest für eine weitere Saison dürfte das noch gelten.
Bayern müht sich vorläufig an die Spitze
In einem wahrlich zähen Spiel nach einer Hinrunde mit Dreifach-Belastung hat sich der FC Bayern zum 2:0 gegen Werder Bremen gemüht; Maxi Rall und Saki Kumagai trafen. Werder zeigte zum Jahresabschluss taktische Fortschritte und verteidigte wacker, hatte aber schlicht nicht die Mittel, den Bayern offensiv gefährlich zu werden. Es blieb also ein klassischer Abnutzungskampf von Underdog gegen Favoritin. Die Münchnerinnen agierten recht humorlos und taten so viel sie mussten. Dass sie nun die Tabellenspitze zurückerobert haben, ist aber eher vorläufig – das Spitzenspiel zwischen Wolfsburg und Turbine Potsdam wurde wegen mehrerer positiver Coronafälle bei Potsdam abgesagt.
Wesentlich mehr dürfte den FC Bayern interessieren, was am Montag passiert. Da nämlich wird das Viertelfinale der Champions League ausgelost. Die Münchnerinnen haben die Gruppenphase als Zweite überstanden, Wolfsburg ist in der heftigen Gruppe mit Chelsea und Juventus Turin auf den letzten Drücker noch als Erster durchgekommen. Die TSG Hoffenheim ist aufgrund des schlechteren Torverhältnisses ausgeschieden. Insgesamt halten sich die Überraschungen dieser historischen Gruppenphase in Grenzen: alle Kleinen wurden weggefegt, alle Großen sind durch. Nur in der Hammergruppe mit Wolfsburg und Juve musste das Star-Ensemble des FC Chelsea weichen.
Eine Kamerunerin ist der Stolz der russischen Liga
Vergangene Woche hat die Gewerkschaft FifPro die Nominierten für ihre Weltelf des Jahres bekannt gegeben. Neben sehr viel erwartbarer Prominenz aus den englischen, französischen und spanischen Spitzenligen sowie den USA erscheint dort auch eine ungewöhnliche Figur: die Kamerunerin Gabrielle Aboudi Onguéné vom, ja richtig, ZSKA Moskau. Die Moskauerinnen sind Vizemeisterinnen in Russland, wo die Saison wegen des harschen Winters schon im Oktober beendet wird. 2020 und 2019 holten sie den Titel.
Nun ist die russische Supreme Division nicht gerade das Mekka des Fußballs. In dem Wettbewerb, der seit 1992 ausgetragen wird, spielen nur zehn Teams, die es schwer haben, an Gelder zu kommen; bei Europameisterschaften schieden die Russinnen meist in der Vorrunde aus, für Weltmeisterschaften haben sie sich seit 20 Jahren nicht qualifiziert. Gabrielle Onguéné verschlug es dennoch nach Russland, und das schon vor langer Zeit. 2012 hat sie bei Alpha Kaliningrad begonnen, dann landete sie über Rossiyanka beim ZSKA Moskau; seit 2017 tritt sie für den Armeeklub an. Und ist dort höchst erfolgreich.
Der ZSKA sparte schon im November nicht mit Huldigung und nannte die nur 1,52 Meter große Angreiferin eine "lebende Legende". Mit ihren 36 Treffern in 98 Partien sei sie die beste Torschützin, die je für das Team gespielt habe. Onguéné wiederum gibt auf der Klub-Website poetisch an, sie wolle weiter mit Spielerinnen aktiv sein, die gerade "die schönsten Seiten in das Geschichtsbuch des ZSKA" schrieben. Konkret: Sie hätte gern das Triple. Und die Champions League sei auch wichtig. Die 32-Jährige kann weiter daran arbeiten – Gabrielle Aboudi Onguéné hat gerade in Russland verlängert.