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Esten wählen im Zeichen des "Klimawandels"

1. März 2015

Estland stimmt über ein neues Parlament ab. Der Wahlkampf drehte sich vor allem um die Außen- und Sicherheitspolitik, denn das Baltikum fühlt sich in der russischen Nachbarschaft zunehmend unbehaglich.

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Estland, Präsident, Toomas Hendrik Ilves, Nationalfeiertag
Bild: picture-alliance/dpa

"Die derzeitige Sicherheitslage wird uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben", beschrieb der estnische Ministerpräsident Taavi Roivas kürzlich das Verhältnis zu Russland. "Das ist nicht nur eine Schlechtwetterperiode, das ist ein Klimawandel".

Ein halbes Jahrhundert standen Estland, Lettland und Litauen unter sowjetischer Besatzung. Nach dem Zerfall der Sowjetunion traten die baltischen Staaten im Jahr 2004 sowohl der EU als auch der NATO bei. Das 1,3 Millionen Einwohner zählende Estland ist seit 2011 auch Mitglied der europäischen Währungsunion. Das Moskauer Vorgehen im Ukraine-Konflikt hat dort wie auch bei den baltischen Nachbarn größte Beunruhigung ausgelöst. Sie fürchten weitere territoriale Ansprüche Russlands nach der Annexion der Krim.

Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves (Artikelbild) hatte zum Nationalfeiertag am vergangenen Dienstag die Bedeutung der NATO-Präsenz in den baltischen Staaten betont. "Die Einsatz von alliierten Streitkräften in den Grenzstaaten des Bündnisses ist eine Antwort auf die neue Realität." Erst vor wenigen Tagen gab es wieder ein russisches Militärmanöver an der estnischen Grenze.

Eine starke russische Minderheit

Taavi Roivas (Foto: dpa)
Ministerpräsident Taavi RoivasBild: picture-alliance/dpa

Taavi Roivas trat im März 2014 die Nachfolge von Ministerpräsident Andrus Ansip an, mit 35 Jahren ist er der jüngste Regierungschef in der EU. Alles deutet darauf hin, dass er auch nach der Wahl Ministerpräsident bleiben und seine Reformpartei wieder eine Mitte-Links-Regierung mit den Sozialdemokraten bilden wird.

Roivas' größter Rivale ist Edgar Savisaar, der Chef der als prorussisch geltenden oppositionellen Zentrumspartei. Der erste Ministerpräsident nach der estnischen Unabhängigkeit 1991 und derzeitige Bürgermeister der Hauptstadt Talinn hat vor allem in der russischen Minderheit, die etwa ein Viertel der Bevölkerung ausmacht, viele Anhänger. Vielen Esten ist Savisaar mittlerweile jedoch zu Russland-freundlich. Er verspielte viel Vertrauen, als er im vergangenen Jahr nach Moskau reiste und die russische Annexion der Krim unterstützte.

Trotzdem lag Savisaars Zentrumspartei in Umfragen zuletzt mit 27 Prozent in Führung, gefolgt von Roivas' Reformpartei mit 22 Prozent und den Sozialdemokraten mit 18 Prozent. Dass die Zentrumspartei als stärkste Fraktion auch die Regierung bilden wird, ist aber unwahrscheinlich, weil andere Parteien nicht mit ihr zusammenarbeiten wollen. Wahrscheinlicher ist, dass Roivas erneut ein Regierungsbündnis mit den Sozialdemokraten eingeht. Neben der Ukraine-Krise wurde der Wahlkampf von sozialen Themen wie einem höheren Mindestlohn bestimmt.

Edgar Savisaar (Foto: dpa)
Edgar Savisaar, Bürgermeister von TalinnBild: picture-alliance/dpa

Die Wahllokale in Estland sind von 08.00 bis 19.00 Uhr (MEZ) geöffnet.

rb/sti (afp, ap, dpa)