Estlands Euro-Beitritt rückt näher
12. Mai 2010"Estland ist für die Einführung des Euro am 1. Januar 2011 bereit", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch (12.05.2010) in Brüssel. Das Land habe die Bedingungen für den Beitritt zur Währungsunion vollständig erfüllt. Die Regierung in Tallinn müsse allerdings den "umsichtigen finanzpolitischen Kurs" beibehalten und sich schneller auf die Euro-Einführung vorbereiten, forderte der Finne.
"Vertrauen in den Euro"
"Die durchschnittliche gesamtstaatliche Verschuldung beträgt in der EU 75 Prozent, in Estland liegt sie bei 7,5 Prozent", betonte Rehn. Auch das Defizit von 1,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr liege weit unter dem maßgeblichen Referenzwert von 3 Prozent. Der Schritt des baltischen Landes in die Währungsunion zeige "das Vertrauen in den Euro".
Die EU-Finanzminister und die EU-Staats- und Regierungschefs müssen der Empfehlung noch zustimmen, dabei werden aber keine Probleme erwartet. Estland ist das 17. Land, das Mitglied der Euro-Zone werden soll. Es wäre zugleich der dritte ehemalige Ostblock-Staat nach Slowenien und der Slowakei.
Strikter Sparkurs zahlt sich aus
Die Baltenrepublik hatte in den vergangenen Jahren ein striktes Sparprogramm durchgezogen und den Schuldenstand sowie das Staatsdefizit deutlich unter den EU-Höchstwerten gehalten. Ursprünglich wollte das Land den Euro schon 2007 einführen, dies scheiterte jedoch an einer zu hohen Inflationsrate.
Rehn betonte in Brüssel, der Euro bleibe auch in der Schuldenkrise ein "Anker" der Stabilität. Die Währungsgemeinschaft steckt derzeit angesichts von Rekordschulden in Griechenland und anderen Mitgliedsstaaten in der schwersten Krise seit ihrer Gründung.
EZB bleibt vorsichtig
Auch die Europäische Zentralbank (EZB) bescheinigte dem kleinen Land mit 1,3 Millionen Einwohnern, die Beitrittskriterien zu erfüllen. Die Notenbank äußerte jedoch Zweifel, ob es Tallinn dauerhaft gelingen werde, die Inflation zu zügeln. "Insgesamt gibt es Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit, mit der Estland das Konvergenzkriterium Inflation erfüllen kann", teilte die Notenbank in Frankfurt in ihrem Report mit.
Die EZB und die EU-Kommission erstellen alle zwei Jahre unabhängig voneinander einen Bericht, in dem sie die Euro-Beitrittsanwärter beurteilen. Im Gegensatz zur EU-Kommission gibt die EZB aber keine konkrete Empfehlung ab.
Acht EU-Länder durchgefallen
Im jüngsten EU-Prüfbericht fielen die übrigen acht untersuchten Länder durch. Bulgarien, Tschechien, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden erfüllten nicht alle Konvergenzkriterien, teilte die Kommission mit.
Länder, die die Gemeinschaftswährung einführen wollen, müssen mehrere Kriterien erfüllen. Erstens darf die Inflationsrate maximal 1,5 Prozent über derjenigen der drei preisstabilsten Mitgliedsländer liegen, zweitens darf das Haushaltsdefizit nicht höher sein als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und drittens darf die Verschuldung der öffentlichen Hand nicht größer sein als 60 Prozent des BIP. Derzeit erreichen die meisten Euro-Länder diese Kriterien nicht. Dagegen erzielt Estland hervorragende Werte.
Autor: Reinhard Kleber (afp, rtr, dpa)
Redaktion: Dirk Eckert