Gold mit gutem Gewissen
27. Januar 2015
Der Austausch goldener Ringe ist ein Symbol, das jeder kennt und versteht. Weniger bekannt ist jedoch die Zerstörung, die mit ihrer Herstellung einhergeht. Kaum ein glückliches Paar wird sich der Möglichkeit bewusst sein, dass das goldene Band am Finger auf Kosten der Artenvielfalt gemacht wurde. Oder dass während der Herstellung Chemiemüll anfällt, der Böden und Land auf Jahrtausende vergiftet.
"Um genug Gold für auch nur einen einzigen Ehering herzustellen, fallen rund 20 Tonnen Rückstände an, ein Großteil davon giftige Chemikalien wie Blei, Quecksilber, Arsen oder Zyanid", sagt Payal Sampat, die die "No Dirty Gold"-Kampagne der NGO Earthworks leitet. "Gerade in einigen der artenreichsten Regionen wird Gold gefördert, oder es gibt Pläne es dort zu tun", ergänzt sie.
Der boomende Goldpreis hat zu einem regelrechten Goldrausch in Südamerika geführt. Von den schneebedeckten Hängen der Anden bis weit hinein in den Amazonas Regenwald ist die Zahl der illegalen oder informellen kleinen Goldminen explodiert.
Die Armut treibt das Geschäft
Lina Villa Córdoba, Direktorin der in Kolumbien beheimateten Allianz für verantwortlichen Bergbau ARM, sagt, dieser informelle Gold-Sektor werde durch die Armut befeuert: "Es ist eine offen zugängliche Ressource. Du brauchst keine besondere Fähigkeiten oder Maschinerie - Du musst nur eine Schaufel in die Hand nehmen."
Kleine oder "Handwerker"-Betriebe mischen in der Regel Quecksilber mit dem Gestein aus dem Boden zu einem Amalgam. Das wird dann erhitzt, um das Gold herauszulösen. Der Vorgang setzt giftige Gase frei und ein Großteil des Quecksilbers landet in den Wasserläufen.
Im Verlauf der letzten zehn Jahre ist Madre de Dios in Perus Amazonas-Becken zu einem großen Zentrum der illegalen Gold-Förderung geworden. Nach Schätzungen von 2013 arbeiten rund 30.000 Bergarbeiter in den Minen der Region.
In der Regionalhauptstadt Puerto Maldonado haben 78 Prozent der Erwachsenen Quecksilbermengen im Körper, die über den empfohlenen Grenzwerten liegen, heißt es im Bericht der Carnegie Institution for Science von 2013.
Abgesehen von gesundheitlichen Folgen, hat die boomende illegale Goldindustrie auch weitreichende soziale und Umweltfolgen - Gewaltverbrechen, Prostitution und Kinderarbeit haben drastisch zugenommen.
Hilfe für die Gemeinden und die Umwelt
Bisherige Versuche den illegalen Bergbau einzudämmen, sind erfolglos geblieben, aber ARM hilft Gemeinden dabei, nach dem "Fairmined Standard" für nachhaltigen Bergbau zertifiziert zu werden. Um diesen Standard zu erreichen, muss die Freisetzung um 60 bis 90 Prozent reduziert werden. Oder sie müssen für den Extraktions-Prozess auf Zyanid umsteigen und sicherstellen, dass die "Tailings" - die Rückstände aus dem Produktionsprozess - sicher entsorgt werden. "Fairmined" Minen müssen außerdem demokratisch verwaltet werden; Arbeitssicherheit und Rechte der Arbeiter müssen gewährleistet werden, Kinderarbeit ist tabu.
Eine Erfolgsgeschichte der Allianz ist Aurelsa, eine Goldmine in der Wüste im Süden Perus. Viele der Arbeiter hier kamen in den 1980er Jahren auf der Flucht vor dem peruanischen Bürgerkrieg in diese Region. Angesichts weniger Möglichkeiten einen Lebensunterhalt zu verdienen, begannen einzelne von ihnen kleine Mengen Gold aus den Förderschlämmen zu gewinnen, die beim Bergbau anderer größerer Minen übrigblieben.
Mittlerweile haben sie sich zusammengeschlossen und offizielle Betriebsgenehmigungen bekommen, die sie aus der Schattenwirtschaft herausholen. Der Betrieb wurde aus der wachsenden Stadt heraus verlagert, in der nun 4000 Menschen leben, um Gesundheits- und Sicherheitsrisiken zu verringern. Die Arbeiter erhalten eine Sicherheitsausstattung, Krankenversicherung und haben Anspruch auf Sozialleistungen.
"Die Einhaltung des Fairmined Standards stellt auch sicher, dass die Gemeinde Verantwortung für die Umwelt übernimmt, in der sie lebt und diese Verantwortung und die nächste Generation weitergibt", sagt die Direktorin von Aurelsa, María Rosa Reyes Pajuelo. "Mit umwelt- und sozialverträglichem handwerklichen Bergbau kann man einen Wandel bewirken und gute Jobs schaffen, die die Lebensqualität für alle Einwohner steigert."
ARM arbeitet mit anderen Fairmined-zertifizierten Unternehmen zusammen, um das Gold zu vermarkten. Käufer zahlen einen Aufschlag von zehn Prozent, der wieder in das Unternehmen reinvestiert wird und der lokalen Bevölkerung zugute kommt. Im Fall von Aurelsa konnten damit drei Schulen, ein lokales Gesundheitszentrum und ein subventionierter Lebensmittelmarkt aufgebaut werden.
Ethische Bräute
Die Zahlen für 2014 stehen noch aus, aber ARM hat in dem Jahr vermutlich etwas über 100 Kilogramm Gold verkauft. Im vorangegangenen Jahr waren es noch 20 Kilogramm. "Was wir machen ist wie ein Tropfen im Ozean", gesteht Córdoba ein. "Aber Projekte wie Aurelsa zeigen, dass die Minenarbeiter bereit sind sich zu ändern, dass sie in der Lage sind erfolgreiche kleine und nachhaltige Unternehmen zu führen und dass es auch Interesse am Markt gibt, dieses Gold zu kaufen."
Und das gilt für Juweliere und Kunden. Die in Großbritannien arbeitende Schmuckdesignerin Arabel Lebrusan fertigt Fairtrade Auftragsarbeiten an und nutzt recyceltes Gold für ihre Eheringe. Sie möchte nichts produzieren, was dem Planeten schadet, sagt sie. "Mir war klar, welche Praktiken unseres Geschäfts mir nicht gefielen. Als ich selber vor zehn Jahren begann Schmuck zu kreieren, war es mir wichtig ethische Materialien einzusetzen."
Viele ihrer Kunden seien "ethische Bräute", die ein so besonderes Schmuckstück mit ruhigem Gewissen tragen können wollen. Dennoch ist das Bewusstsein um die Schädlichkeit der Gold-Industrie im Allgemeinen immer noch schwach ausgeprägt.
Großflächige Zerstörungen - und die Alternativen
Aber es sind nicht nur kleine illegale oder inoffiziell laufende Unternehmungen, die für Umweltschäden verantwortlich sind, sagt Sampat. "Es gibt viele industrielle Minen, die enorme Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung haben."
Zu den schlimmsten Verschmutzern gehören sogenannte saure Grubenwässer - schwermetallbelastete Abwässer, die Böden auf Jahrtausende verseuchen können. "Eine Mine wird möglicherweise nach 20 Jahren geschlossen, aber die Folgen können ewig dauern. Arme Gemeinschaften in Ländern wie Peru leiden dann darunter oder bleiben auf den Kosten für die Säuberung sitzen", sagt Sampat.
Eingefahrene Arbeitspraktiken zu ändern ist ein langwieriger Prozess, aber die Leiterin der No Dirty Gold-Kampagne ist zuversichtlich: Fairtrade sowie ein neuer Standard, der von der Initiative für verantwortungsvollen Bergbau entwickelt wird, sollen dazu beitragen, bessere Arbeitsweisen zu etablieren.
Das Thema wird auch über andere Wege immer präsenter: Earthworks arbeitete 2013 an einem Bericht mit, in der der Responsible Jewellery Council (RJC) - ein Rat der nachhaltige Geschäftspraktiken im Juweliergewerbe zertifiziert - kritisiert wird.
RJC zertifiziert die Goldproduktion von einigen der größten Goldförderunternehmen der Welt. Dem Bericht zufolge geht das Zertifizierungssystem von RJC zu wenig auf die Rechte der Arbeiter und der lokalen Einwohner ein und fördert weder die Umsetzung notwendiger Umweltschutzmaßnahmen noch das Vertrauen der Verbraucher."
Experten sagen, dass die chemischen Prozesse, die für die Förderung von Erz notwendig sind, unvermeidbare Risiken bergen - sowohl für die Arbeiter als auch die Umwelt. Aber weil es nun mal für jeden offen zugänglich ist, glaubt Cordóba, dass es sinnvoller ist sich darauf zu konzentrieren, die Schäden zu minimieren und das meiste für die Gemeinschaften herauszuholen.
"20 Jahre lang haben die internationale Gemeinschaft und die Bergbauindustrie über Wege nachgedacht, diese Minenarbeiter zu Fischern umzuschulen und diesen ganzen informellen Sektor loszuwerden. Wir verfolgen einen pragmatischeren Ansatz. Weil Versuche, den Sektor zu schließen erfolglos geblieben sind, warum sollten wir nicht zumindest dafür sorgen, dass er sich zum Positiven verändert?"