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EU-Afrika: Kritik an Handelsplänen

9. August 2018

Gerd Müller, Bundesminister für Entwicklungshilfe, hat eine neue Diskussion über Zölle im Handel mit Afrika angeschoben - die wohl ein alter Hut ist. Nicht Zölle sind das Problem, sondern andere Handelshemmnisse.

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Uganda Altkleider-Händler auf dem Owino Markt
Uganda: Auf dem Markt von OwinoBild: picture alliance/dpa/Y. Tylle

Seine wichtigste Forderung in Richtung Brüssel, so Minister Müller in dieser Woche: "Öffnet die Märkte für alle afrikanische Güter." Der europäische Markt, so Müller in der Zeitung "Die Welt", sei für Afrika faktisch gesperrt. Seine Konsequenz: "Wir müssen dem Kontinent einen neuen Stellenwert einräumen - auch politisch."

Auf europäischer Ebene will Müller einen Afrika-Kommissar eingeführt sehen, bei dem alle Fäden einer Afrikapolitik zusammenlaufen. Zudem forderte er einen EU-Rat für Afrika, der regelmäßig tage. Vor allem aber gehe es um den Handel: Landwirtschaftliche Produkte müssten zoll- und quotenfrei nach Europa eingeführt werden können.

Der CSU-Politiker kündigte an, dass er sich in den zwei Jahren bis zur deutschen Ratspräsidentschaft 2020 für einen neuen EU-Afrika-Vertrag einsetzen wolle, in dessen Zentrum die Handelspolitik stehen soll.

"Nebelkerzen", hieß es von Seiten der Opposition im Bundestag. Der Fachmann der FDP für die wirtschaftlich Zusammenarbeit Olaf in der Beek sagte: "Müller muss von dem Ankündigungs- in den Handelnmodus wechseln."

Bundesentwicklungsminister Müller in Äthiopien
Bundesentwicklungsminister Müller in Äthiopien, im April 2017 Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

"Nebelkerzen"

Die Kritik des entwicklungspolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion, Uwe Kekeritz, geht in die gleiche Richtung: "Müller täte gut daran, seine Ideen in Regierungshandeln umzumünzen, anstatt in Zeitungsinterviews das Blaue vom Himmel zu versprechen."

Tatsächlich verspricht der Minister seit seinem Amtsantritt im Frühjahr 2014 in Interviews und Reden immer wieder, Afrika werde zum Schwerpunkt seiner Arbeit und dabei gehe es vor allem um fairen Handel.

Die Forderung, Europas Märkte für afrikanische Produkte zu öffnen, sei natürlich richtig, so Grünen-Politiker Kekeritz. Allerdings habe Entwicklungsminister Müller selbst vor dreieinhalb Jahren in Brüssel den sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zugestimmt. Dabei geht es um Vereinbarungen, in deren Kern die Absicht steht, im Handel zwischen EU-Mitgliedern und den Ländern Afrikas Zoll-Hemmnisse auf beiden Seiten abzubauen.

"Man kann keinen freien Handel zwischen zwei Weltregionen haben, die so ungleich sind. Das festigt die Ungleichheit nur", hatte Gyekye Tanoh vom unabhängigen Afrikanischen Handelsnetzwerk aus Ghana schon vor Jahren der DW gesagt. Tanoh befürchtete, Billigimporte aus Europa könnten der Wirtschaft in Afrika schaden.

Angola Hafen von Luanda
Im Hafen von Luanda in Angola: Fischerboote und ContainerschiffeBild: Imago/UIG

Roland Süß von der globalisierungskritischen Organisation Attac sieht das ähnlich. Gerade die niedrigen Zölle afrikanischer Staaten seien das Problem. Während der Verhandlungen zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen hätten nämlich viele afrikanische Staaten ihre Zölle gesenkt, teilweise um bis zu 90 Prozent, sagte Süß der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Potenten Anbietern aus Europa ist so Tür und Tor geöffnet.

Afrika öffnet seine Märkte...

Das größte Problem entstehe deshalb jetzt durch die Agrarsubventionen der EU: "Subventionierte Agrarprodukte aus Europa überschwemmen afrikanische Märkte und machen lokale Kleinbauernstrukturen kaputt", so Süß in FAZ.

Tatsächliche hatte auch Minister Müller in der "Welt" eingeräumt: Von 2021 bis 2027 seien im EU-Haushalt 370 Milliarden Euro für Agrarzahlungen in der EU vorgesehen. Für die gesamte europäische Afrikapolitik seien es lediglich 39 Milliarden Euro.

Trotz der Kritik bestehen Müller und sein Ministerium auf ihrer Forderung, die Zölle weiter abzubauen. "Der europäische Markt ist faktisch gesperrt", so der Minister. An den Zöllen aber kann das nicht liegen, schrieb die FAZ im Hinblick auf den erneuten Vorstoß des Entwicklungsministers. Eigene Recherchen machten nämlich deutlich: Der Minister fordere etwas, "was für die allermeisten afrikanischen Länder eigentlich schon Rechtslage ist".

Mosambik Einkaufszentrum in Maputo
Einkaufszentrum in Maputo, MosambikBild: picture-alliance/dpa/A. Silva

"Alle Produkte, einschließlich landwirtschaftlicher Produkte, außer Waffen und Munition, können aus den 32 ärmsten Ländern Afrikas und den 12 Ländern, mit denen die EU Wirtschaftspartnerschaftsabkommen hat, zollfrei und unbegrenzt importiert werden", zitierte das Blatt eine Beamtin der Europäischen Kommission. Damit könnten 44 der 54 Länder Afrikas alles außer Waffen zollfrei und ohne Quote in die EU exportieren. 

... kommt aber in Europa nicht zum Zuge

Warum also - um es mit den Worten von Minister Müller zu sagen - sind "die EU-Importe aus Afrika in den vergangenen Jahren um fast 40 Prozent zurückgegangen"?

Der EU-Abgeordnete Elmar Brok, ein Parteifreund Müllers, sieht den Grund in den hohen Qualitätsstandards der EU, die für Lebensmittel und andere Waren gelten. Afrikanische Anbieter scheitern oft daran, diese zu erfüllen.

Es sei daher entscheidend, afrikanischen Unternehmen dabei zu helfen, diese Standards zu erreichen, sagte Brok am Donnerstag im ARD-Fernsehen: "Faire und gute Handelsbedingungen sind ein entscheidender Punkt für bessere Lebensbedingungen in Afrika." Und solche Maßnahmen sorgten dann auch für weniger Migration, sagte Brok.

Auch sei es "notwendig, dass wir aus ökonomischen und strategischen Gründen" mehr in Afrika investierten, so Brok. Er verwies dabei auf das große Engagement Chinas auf dem afrikanischen Kontinent.

ar/bea (dpa, epd, KNA – Archiv, FAZ)