EU einigt sich auf neue Regeln für Banken
25. Mai 2018Der französische und der deutsche Finanzminister sind neuerdings die besten Freunde. Bei ihrem Doppelauftritt in Brüssel lobt also Bruno Le Maire die unerwartete Einigung zur Bankenregulierung als wichtigen politischen Schritt nach vorn, und Olaf Scholz will bereits eine Dynamik für weitere Gemeinsamkeit darin erkennen. Vor zwei Wochen hatte man in Berlin in einer Nachtsitzung die Einzelheiten glatt gezogen und dann die Mehrheit der anderen EU-Mitgliedsländer mit ins Boot geholt. Und obwohl Fachleute in der Einigung nicht unbedingt eine Revolution im europäischen Banking sehen - es scheint hier vor allem um das Signal zu gehen.
Strengere Kreditregeln
Neue Regeln für Banken sind bereits seit dem Schock durch die Finanzkrise 2008 in verschiedenen Anläufen erarbeitet worden. Damals hatten Berge von faulen Krediten zum Beispiel in Irland die dortige Regierung an den Rand des Bankrotts gebracht. Europaweit mussten Steuerzahler für die Bankenrettung einstehen. Dieses Szenario soll sich nicht wiederholen. Jetzt einigten sich die EU-Staaten nach langem Gezerre auf die Umsetzung verschärfter Kreditregeln für Banken.
Eine Verschuldungsquote von drei Prozent soll gewährleisten, dass die Banken nicht erneut in Schieflage geraten. Damit wird das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital geregelt. "Die europäischen Banken werden stabiler", erklärt der Bundesfinanzminister. Zuletzt hatten vor allem gefährdete italienische Banken mit ihrem hohen Anteil von nicht bedienten Krediten für Verunsicherung in Europa gesorgt. Der scheidende Finanzminister aus Rom hatte sich bei der Abstimmung enthalten, weil er kein Mandat mehr habe. Seinem Land aber liegt mehr an den nächsten Schritten des Bankenpakets, etwa wenn es um die gemeinsame Bankenrettung und Einlagensicherung geht.
Ein Vorgeschmack auf mehr
Eigentlich geht es dem deutschen und dem französischen Finanzminister mit ihrem Auftritt wohl darum, Einigkeit zu demonstrieren um den politischen Weg für weitere Reformschritte zu ebnen. Sie wollen bei ihrem Treffen im Juni einen Plan vorlegen, den die Regierungschefs kurz darauf beim Gipfel absegnen sollen. Darin soll stehen, wie man vor allem in den kritischen Fragen von Risikoteilung und beim sogenannten Backstop vorankommt, einem Finanzpuffer für Krisenfälle. Dabei ist der Komplex der Bankenregulierungen nur eine Vorstufe zu dem, was der französische Präsident Emmanuel Macron sich vorstellt, wenn er von Vertiefung der Eurozone spricht. Aber angesichts der Widerstände in Berlin mahlen diese Mühlen sehr langsam. Außerdem stehen alle Fortschritte in diesen Fragen neuerdings unter Italien-Vorbehalt.
Italien: Kein Kommentar mehr
Was aber die neue italienische Regierung und diverse Bedrohungsszenarien von rasanter Neuverschuldung und Regelverstößen angeht, so haben die Finanzminister zunächst auf Abwarten geschaltet. Die ursprünglichen Ankündigungen aus Rom, man könne einen Schuldenerlass fordern und den Euro-Ausstieg in Betracht ziehen, hatten für Schockreaktionen, ernste Mahnungen etwa vom französischen Finanzminister Bruno Le Maire und erste Wortgefechte zwischen Rom und Paris gesorgt. Inzwischen sagt Le Maire nur noch, Italien sei ein wichtiger Partner in der Eurozone, ein Gründungsland, und man gehe davon aus, dass es die Regeln einhalten werde. "Wir wollen konstruktiv zusammenarbeiten".
Und die Sprachregelung bei Olaf Scholz heisst: "Der neue Ministerpräsident hat sich pro-europäisch geäußert. Das ist ein gutes Zeichen". Er habe versprochen, sich an die Regeln zu halten. Schließlich wüssten alle, dass die Zukunft eines Landes von einer seriösen Politik abhänge. Das klang eher nach einem Plädoyer des deutschen Finanzministers, der von Amts wegen von der neuen Regierung in Rom gern als "Kerkermeister des Euro-Gefängnisses" und Verursacher der italienischen Probleme charakterisiert wird.
Einige Minister kleinerer Länder formulieren ihre Erwartungen an Italien auch etwas schärfer, aber insgesamt heißt die Devise: Wir warten ab und werden sie an ihren Taten messen, nicht an ihren Worten.
Großes Lob für Griechenland
Fast schon überschwänglich loben der französische und der deutsche Finanzminister die Reformbemühungen in Griechenland. Er sei optimistisch, dass die vierte Überprüfung durch die Gläubiger Ende Juni erfolgreich abgeschlossen werden könne, versprach Bruno Le Maire. Es habe viel Fortschritt gegeben und er sei zuversichtlich, dass die Regierung in Athen auch die letzten Reformschritte noch umsetzen werde.
Unklar ist dagegen weiter, ob sich der Internationale Währungsfonds noch am Rest des Griechenlandpakets beteiligen wird. Dabei geht es weniger um die relativ geringe Kreditsumme und mehr um das Signal für den Deutschen Bundestag. Olaf Scholz zeigte sich optimistisch, dass man im nächsten Monat die Lösung haben werde. Auch Eurogruppen-Chef Mario Centeno versprach: "Wir sind fast so weit. Es ist wichtig, dass der IWF an Bord ist". Dessen Vertreter sollen inzwischen von ihrer Forderung nach einer Schuldenerleichterung von 100 Milliarden Euro für die Griechen abgerückt sein. Eine Forderung, die als politisch nicht vermittelbar galt.
Stattdessen soll die Rückzahlung noch weiter gestreckt werden. Allerdings sind die Kriterien noch nicht entschieden. Die Franzosen schlagen vor, Athen solle je nach Wirtschaftswachstum flexible Raten zahlen; Deutschland ist von dieser Lösung nicht überzeugt. Und auf Widerstand in Athen trifft der Wunsch der Gläubiger nach stärkerer Überprüfung auch nach Ende des Hilfsprogramms am 20. August. Premier Alexis Tsipras will seinen Bürgern gern verkünden, sie seien dann die lästigen Aufseher los. Die allerdings wollen die griechische Finanzpolitik weiter beobachten, denn schon jetzt laufen die Rückzahlungen der Kredite an die EZB bis über 2060 hinaus. Ohne Kontrollmechanismen könnte es doch noch auf einen kalten Schuldenschnitt hinaus laufen.