1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU ermittelt gegen Amazon

17. Juli 2019

Die EU-Wettbewerbshüter gehen dem Verdacht illegaler Geschäfte bei Amazon nach. Gegen den US-Onlinehändler sei eine Untersuchung eingeleitet worden, teilte die EU-Kommission mit. Es drohen Strafen in Milliardenhöhe.

https://p.dw.com/p/3MBqK
Frankreich Boves | Logo von Amazon
Bild: Reuters/P. Rossignol

Im Umgang mit Händlern auf seiner Plattform könnte es bei Amazon zu illegalen Geschäftspraktiken gekommen sein, meldet die EU-Kommission. Amazon habe als Plattform eine doppelte Funktion, hieß es. Zum einen verkaufe das Unternehmen selbst als Einzelhändler Produkte auf seiner Internetseite. Zum anderen stelle es einen Online-Marktplatz zur Verfügung, über den andere Händler ihre Waren direkt an Kunden verkaufen könnten. Dabei sammele Amazon laufend Daten über die Produkte der anderen Anbieter und das Kundenverhalten.

Wettbewerbswidriges Verhalten?

Nach ersten Erkenntnissen scheine Amazon wettbewerbssensible Informationen über Marktplatzhändler, ihre Produkte und die Transaktionen zu nutzen, erläuterten die EU-Kartellwächter. Die Wettbewerbshüter wollten nun vor allem der Frage nachgehen, ob und wie die Nutzung dieser Daten den Wettbewerb einschränkt. Dazu wollen sie unter anderem die Standardvereinbarungen zwischen Amazon und den anderen Marktplatzhändlern prüfen.

Polen Warschau | EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager: Illegale Praktiken bei Amazon?Bild: picture-alliance/dpa/PAP/P. Nowak

"Der elektronische Handel hat den Wettbewerb im Einzelhandel angekurbelt und zu einer größeren Auswahl und günstigeren Preisen geführt", sagte die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager. "Wir müssen sicherstellen, dass große Online-Plattformen diese Vorteile nicht durch wettbewerbswidriges Verhalten aushebeln."

Für die Untersuchung gibt es keine Frist. Sollte die EU-Kommission letztlich illegales Verhalten feststellen, kann sie Strafen in Milliardenhöhe verhängen. Amazon erklärte, das Unternehmen werde bei der Untersuchung "vollständig mit der Europäischen Kommission kooperieren". Gleichzeitig bekräftigte der Konzern das Ziel, "Firmen aller Größen zu unterstützen und ihnen beim Wachstum zu helfen".

Neue Geschäftsbedingungen

Wettbewerbshüter in Deutschland meldeten gleichzeitig erste Erfolge gegenüber Amazon. Auf Druck des Bundeskartellamts gesteht der Onlineriese Händlern, die auf "Amazon Marktplätzen" ihre Produkte verkaufen, mehr Rechte zu. Im Gegenzug zu umfangreichen Änderungen der Geschäftsbedingungen wird ein sogenanntes Missbrauchsverfahren eingestellt, wie Deutschlands oberste Wettbewerbshüter mitteilten.

Das Verfahren war im November 2018 eingeleitet worden, nachdem sich zahlreiche Händler beschwert hatten. Sie bemängelten Haftungsregeln, die zu ihren Lasten gingen, intransparente Kündigungen und Sperrungen von Konten sowie einbehaltene oder verzögerte Zahlungen.

Ausbalanciertere Regelungen

Die Marktplätze - also die Plattform für Waren von Drittanbietern - sind für den US-Konzern immens wichtig. Nach Firmenangaben stammen 58 Prozent des weltweit über Amazon erwirtschafteten Bruttowarenumsatzes von diesen Verkäufern. Amazon kommt den Händlern nun deutlich entgegen und ändert die bisher sehr einseitigen Regeln. So wurden zum Beispiel Vorgaben zur Haftung bei kaputten Produkte umformuliert, die bisher zulasten der Händler gingen - künftig sind sie ausbalancierter. Es geht nicht nur um "amazon.de", sondern um alle Online-Marktplätze des Unternehmens.

Zudem wurde das Kündigungsrecht modifiziert. Bisher hatte Amazon nach Angaben des Kartellamts ein unbeschränktes Recht zur sofortigen Kündigung und der sofortigen Sperrung von Konten der Händler - Gründe musste der US-Konzern hierbei nicht angeben. Künftig gilt bei ordentlichen Kündigungen eine 30-Tage-Frist. Bei außerordentlichen Kündigungen und Sperrungen muss Amazon die Händler nun informieren und dies begründen.

Positiv für die Verkäufer sind zudem Änderungen beim "Gerichtsstand" - wollte ein Händler gegen Amazon vor Gericht ziehen, musste er nach Luxemburg. Für manchen Mittelständler dürfte das Ausland eine Hemmschwelle gewesen sein. Künftig können unter bestimmten Voraussetzungen auch deutsche Gerichte zuständig sein.

"Weitreichende Verbesserungen"

Kartellamtschef Andreas Mundt zeigte sich zufrieden. "Für die auf den Amazon Marktplätzen tätigen Händler haben wir mit unserem Verfahren weltweit weitreichende Verbesserungen erwirkt", sagte er. Amazon teilte mit: "Um die Rechte und Pflichten unserer Verkaufspartner klarzustellen, nehmen wir einige Änderungen am Amazon Services Business Solutions Vertrag vor." Die Änderungen werden zum 16. August wirksam.

pgr/pg (dpa, afp)