EU-Firmen in China benachteiligt
19. September 2017Europäische Unternehmen in China haben vor wachsenden Hürden bei Investitionen und Marktzugängen in der zweitgrößten Volkswirtschaft gewarnt. "Es gibt noch viel zu tun in dieser Hinsicht", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Positionspapier der Europäischen Handelskammer in Peking. Zwar seien in einigen Branchen Verbesserungen sichtbar. In anderen Industriezweigen drohten dagegen noch viel striktere Regeln, die den Markt für ausländische Firmen sogar komplett verschließen könnten.
Ausdrücklich warnte die Kammer vor neuen Hürden für die Lebensmittelindustrie, die das Potenzial hätten, das Geschäft von Importeuren "drastisch zu reduzieren". Setzt Peking seine Pläne um, dann müssten sämtliche eingeführten Nahrungsmittel ab dem 1. Oktober ein eigenes amtliches Unbedenklichkeitszertifikat für China vorweisen.
Unerfüllbare Forderungen Chinas
Die Forderungen seien praktisch nicht zu erfüllen, meinen Experten. Denn die Behörden in Deutschland oder anderen Ländern müssten bescheinigen, dass die Waren "die Anforderungen chinesischer Gesetze und gesetzlicher Vorschriften sowie Standards erfüllen", wie Chinas Qualitätsaufsicht (AQSIQ) fordert. Solche Einrichtungen gibt es in den Herkunftsländern nicht. Sie müssten erst geschaffen werden.
Kritik aus Europa zog Peking zuletzt auch mit der Ankündigung auf sich, einige europäische Weichkäse-Sorten wie Brie und Camembert aus den Geschäften verbannen zu wollen. Bei Messungen seien zu viele Bakterien nachgewiesen worden, so die Begründung.
Der ankündigte Bann gilt als weiteres Beispiel für den Widerspruch, dass China einerseits seine eigenen Markthürden erhöht, während sich Staats- und Parteichef Xi Jinping andererseits international gern als Vorreiter für den Freihandel präsentiert. "Wir wollen sehen, dass die Versprechen auch in reale Aktionen umgesetzt werden", sagte Kammer-Präsident Mats Harborn anlässlich der Präsentation des Positionspapiers. Dadurch, dass China für europäische Firmen die gleichen Marktzugänge und Investitionsbedingungen schaffe, wie sie chinesische Firmen in Europa genießen, könne die Führung ein starkes Signal senden, dass sie zu ihren Zusagen stehe.
EU fordert gleiche Wettbewerbsbedingungen
Laut EU-Kammer gaben in einer Umfrage 54 Prozent ihrer Mitglieder an, sie fühlten sich in China im Vergleich zu ihren heimischen Wettbewerbern benachteiligt. Auch die Investitionsströme hätten zuletzt ein klares Bild gezeichnet: So legten Chinas Investitionen in Europa im vergangenen Jahr um 77 Prozent auf rund 40 Milliarden Dollar zu, während europäische Investitionen in China um 23 Prozent auf 8 Milliarden Dollar sanken.
Die EU-Kammer warnte vor möglichen politischen Konsequenzen. "Wenn China letztlich nicht bereit ist, gegenseitigen Zugang zu seinem eigenen Markt zu bieten, kann es nicht davon ausgehen, dass es für immer einen ungehinderten Zugang auf dem EU-Markt behält." Vergangene Woche hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen, Übernahmen europäischer Unternehmen durch Staatskonzerne aus China genauer zu prüfen. Zuvor hatte auch die Bundesregierung einen Schutzwall gegen chinesische Firmenübernahmen und stärkere Vetorechte beim Verkauf von Technologie-Firmen nach Fernost angeregt.
iw/ml (dpa)