EU fordert besseren Datenschutz in sozialen Online-Netzwerken
9. Februar 2010Ein freizügiges Partyfoto, schnell per Handy ins Internet hochgeladen, und mit einer witzigen Statusmeldung versehen. Keine Seltenheit im Alltag des Web 2.0. Dumm nur, wenn der Rest der Welt am nächsten Morgen schadenfroh darüber lacht, und das Foto dem Nutzer im nüchternen Zustand plötzlich ziemlich peinlich ist...
EU-Kommission prüft Fortschritte beim Datenschutz
Think before you post" – Denk nach, bevor Du etwas ins Netz stellst" lautet deshalb das Motto des "Safer Internet Day", der am 9. Februar 2010 zum siebten Mal begangen wird. Anlässlich des Aktionstags für mehr Sicherheit im Internet zieht die EU-Kommission in punkto Datenschutz Bilanz.
Vor einem Jahr hatte sie 20 Betreiber von sozialen Netzwerken im Internet dazu gebracht, eine Selbstverpflichtung zu unterschreiben, die insbesondere Minderjährigen mehr Privatsphäre garantieren sollte. Darunter sind der Marktführer Facebook, das Videoportal Youtube und viele nationale Anbieter wie das deutsche "Studi-VZ".
Fortschritte, aber noch reichlich Handlungsbedarf
Schon über die Hälfte der europäischen Jugendlichen stellt persönliche Informationen ins Netz. Die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding ist besorgt: „Die Schattenseiten sind, dass unsere Kinder und Jugendliche nicht geschützt sind, und dass - wenn sie nicht aufpassen - ihre ganze Privatsphäre für die ganze Welt zugänglich ist."
Eigentlich sollten die Profile von Minderjährigen nach der Anmeldung automatisch unsichtbar sein - für die Augen Fremder und für Suchmaschinen wie Google. Doch nicht einmal die Hälfte der Online-Plattformen hält sich bisher daran.
Bewertet wurde seitens der EU-Kommission auch, ob es ausreichend Möglichkeiten gibt, Missbrauch zu melden, unliebsame Kontakte zu entfernen und ob die Erklärungen zum Datenschutz leicht auffindbar und verständlich sind. Das Blockieren unerwünschter Kontakte klappt in den meisten Fällen gut. Doch nur ein Drittel der Anbieter reagierte laut der EU-Studie im vergangenen Jahr auf Beschwerden und Meldungen von Mitgliedern, die um Hilfe baten.
Kommerz wichtiger als Datenschutz?
In der Praxis müssen sich Internetnutzer auf die oft mühsame Suche in den Privatsphäre-Einstellungen machen und per Hand bestimmte Inhalte für die Öffentlichkeit sperren. Dieses System dient dem Kommerz, erklärt Emilie Barrau vom Europäischen Verbraucherschützer-Verband BEUC: „Der Grund dafür ist ganz offensichtlich aus der Sicht von Facebook, dass so mehr nutzerspezifische Werbung geschaltet werden kann. Die Nutzer bezahlen online mit ihren persönlichen Daten!“
Persönliche Daten: Ein kostbares Gut für die Firmen. Millionen Nutzer wüssten gar nicht, worauf sie sich einlassen, sagt Barrau. Sie nennt die Nutzerbedingungen der Portale einen „Alptraum“. Die meisten Nutzer würden diese weder komplett lesen, noch verstehen: „Wenn man sie durchlesen will, braucht man je nach sozialem Netzwerk eine halbe Stunde bis eine Stunde!“
Wie gut funktioniert Selbstverpflichtung?
EU-Kommissarin Reding hofft auf die Kooperation der Betreiber: "Man sollte nicht gleich die Keule der Sanktionen herausnehmen. Man sollte zunächst versuchen, über Selbstregulierung mit der Industrie die Sache in die Hand zu bekommen." Das sieht Emilie Barrau von den europäischen Verbraucherschützern etwas anders. „Wir wissen: wenn an Selbstregulierung beim Datenschutz geht, dann funktioniert es einfach nicht!"
Die EU lässt sich ihr Safer Internet Programm für die Jahre 2009 – 2013 rund 55 Millionen Euro kosten. Etwa die Hälfte wird für die Aufklärung der Bürger ausgegeben, die im Internet aktiv sind.
Autorin: Susanne Henn
Redaktion: Bernd Riegert