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EU friert Beitrittsverhandlungen mit Türkei teilweise ein

Bernd Riegert, Brüssel11. Dezember 2006

Die EU-Außenminister haben sich auf eine Linie für das weitere Vorgehen in der Türkei-Krise geeinigt: In acht von 35 Bereichen sollen die Beitrittsverhandlungen auf Eis gelegt werden.

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Javier Solana, Erkki Tuomioja und Olli Rehn bei einer Pressekonferenz in Brüssel (von links, Foto: AP)
Der finnische Außenminister Erkki Tuomioja (mitte) verkündet den EU-KompromissBild: AP

Nach zehnstündigen Beratungen haben die 25 EU-Außenminister am Montagabend (11.12.2006) doch noch auf einen Kompromiss gefunden. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei werden zum Teil auf Eis gelegt. Auch ein Ultimatum ist vom Tisch. Zudem scheint ein Ende der Isolierung Nordzyperns möglich.

Einige Staaten wie die Niederlande, Griechenland und Zypern wollten zehn der 35 Verhandlungs-Kapitel nicht eröffnen. Eine andere Gruppe um Großbritannien und Spanien wollte lediglich drei Kapitel aussetzen. Schließlich verständigten sich die Außenminister auf den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission. "Die Zahl der Verhandlungs-Kapitel, die vorläufig nicht geöffnet werden, bleibt, wie von der Kommission vorgeschlagen und von uns unterstützt bei acht Kapiteln", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

Streitpunkt Ankara-Protokoll

Die Verhandlungen in diesem Teil-Bereich sollen solange nicht eröffnet werden, wie die Türkei sich weigert, ihre Häfen und Flughäfen für das EU-Mitgliedsland Zypern zu öffnen, und damit das Ankara-Protokoll über die Zoll-Union umzusetzen. Jedes Jahr will der Minister-Rat nun überprüfen, ob die Türkei ihren Verpflichtungen in Bezug auf Zypern nachkommt, sagte Außenminister Steinmeier nach der Sitzung: "Damit ist klar, dass dieser Kompromiss weder Fristen enthält, wie das von einigen gewünscht wurde, noch ein Ultimatum, wogegen ich in den letzten Tagen gestritten habe. Wir haben es bei diesem Überprüfungs-Mechanismus mit einem offenen und flexiblen Instrument zu tun."

Damit ist auch die strengere Revisions-Klausel vom Tisch, die sich Bundeskanzlerin Angela Merkel vorstellen konnte. Er habe dies mit der Kanzlerin mehrfach telefonisch während des zähen Ringens in Brüssel abgestimmt, versicherte Steinmeier. Zwischen ihm und Merkel gebe es keine Meinungsunterschiede. Die Staats- und Regierungschefs der EU müssen sich beim ihrem Gipfel-Treffen am Donnerstag und Freitag jetzt nicht mehr zwingend mit den Beitritts-Gesprächen mit der Türkei beschäftigen.

Auch Nikosia bewegt sich

Die Republik Zypern, deren Nordteil seit über 30 Jahren von türkischen Truppen besetzt ist, sagte zu, den direkten Handel zwischen dem türkischen Nordzypern und der EU nicht länger zu blockieren. Dies solle im Januar unter deutscher Präsidentschaft formell beschlossen werden, kündigte Außenminister Steinmeier an.

Außerdem fordert die EU die Vereinten Nationen auf, eine neuen Anlauf zu wagen, um eine politische Lösung des Zypern-Problems zu finden. 2004 hatten die griechischen Zyprer kurz vor dem Beitritt Zyperns zur EU eine Wiedervereinigung nach einem UN-Plan mit dem türkischen Norden abgelehnt. Der deutsche Außenminister nannte das Paket, das die EU am Montag verabschiedete, angemessen und ausgewogen und hofft, "dass es seine beabsichtigte Wirkung entfaltet."

Die EU-Außenminister hoffen, dass die Türkei jetzt einlenkt und in absehbarer Zeit ihre Häfen und Flughäfen öffnet und damit Zypern völkerrechtlich zumindest indirekt anerkennt. Das Angebot Ankaras von vergangener Woche, nur einen Hafen unter Bedingungen zu öffnen, wurde von EU-Diplomaten als nicht ausreichend zurückgewiesen. Es spielte bei den Beratungen der Außenminister keine Rolle. Es wurde in Brüssel spekuliert, dass die türkische Regierung vielleicht noch vor dem EU-Gipfel am Donnerstag ein nachgebessertes Angebot vorlegt, um so in allerletzter Minute ein teilweises Einfrieren der Beitritts-Verhandlungen abzuwenden.

Auch Serbien stand auf der Agenda

Die EU-Außenminister beschlossen außerdem, die Verhandlungen mit Serbien über eine Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen weiterhin nicht aufzunehmen, solange Serbien nicht umfassend mit dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag zusammenarbeitet und den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic nicht festnimmt und ausliefert. Im Gegensatz zur EU hatte die NATO bei ihrem Gipfel-Treffen in Riga vor zwei Wochen eine engere Kooperation mit Serbien vereinbart.