Beitrittsverhandlungen
25. Juni 2013Fast drei Jahre lang lagen die Verhandlungen auf Eis. Bei dem Neubeginn soll es nun um das eher unverfängliche Thema Regionalpolitik gehen. Doch unverfänglich ist im Moment in den türkisch-europäischen Beziehungen gar nichts. Seit der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gewaltsam gegen Demonstranten vorgeht, hagelt es Proteste aus Europa.
Die Türkei hat es jetzt in der Hand
Es war schließlich Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle, der beim Treffen der EU-Außenminister am Dienstag (25.06.2013) einen Kompromiss zustandebrachte. Deutschland wollte die Situation in der Türkei nicht ignorieren, andererseits aber die langfristigen Interessen sowohl der EU als auch der Türkei wahren. Und die sehen Westerwelle und andere zumindest in einer weiteren Annäherung der Türkei an die EU.
Der Kompromiss besteht nun darin, dass die Außenminister zwar grundsätzlich grünes Licht für die Wiederaufnahme der Beitrittsverhandlungen gegeben haben. Das soll aber erst im Herbst und im Lichte der weiteren Entwicklung in der Türkei geschehen. Grundlage für die endgültige Entscheidung wird der nächste Fortschrittsbericht der Kommission sein. Der wird für Oktober erwartet. Es liegt daher jetzt an der Türkei selbst, ob sie die Verhandlungen ermöglicht oder nicht.
"Demokratische Prinzipien einhalten"
Durchgesetzt hat sich damit auch die Linie der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die hatte zwar Gewaltexzesse der türkischen Polizei beklagt. Aber sie zeigt sich überzeugt, "dass die Zukunft der Türkei bei uns liegt" und dass "Dialog die weit bessere Option ist, solange es irgendwie geht. Sehr selten ist es besser, den Dialog zu verweigern".
Am Montag (24.06.2013) hatte der anwesende NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen vom Bündnismitglied Türkei gefordert, es müsse "grundlegende demokratische Prinzipien einhalten sowie friedliche Demonstrationen und das Recht zulassen, politische Ansichten frei zu äußern".
Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger sagte in Luxemburg, es gehe nicht darum, vor der Türkei die Tür zu verschließen. "Aber notwendig ist auch, nicht alles aufzumachen und dabei die Augen zu verschließen vor dem, was gerade in der Türkei passiert." So einfach dürfe kein neues Kapitel eröffnet werden.
Syrien-Waffenembargo doch besser?
Beim Thema Syrien schlugen die Wellen beim Außenministertreffen erneut hoch. Hier war die Einigkeit der Europäer in der Frage des Waffenembargos vor wenigen Wochen zerbrochen. Seitdem darf grundsätzlich jedes EU-Land Waffen an syrische Aufständische liefern, wenn es das will. Großbritannien und Frankreich hatten auf ein Ende des Embargos gedrungen. Doch diese beiden Länder halten sich mit Äußerungen jetzt auffallend zurück, während sich ihre Kritiker bestätigt fühlen. Der Österreicher Michael Spindelegger findet, Waffenlieferungen wären "eine Kehrtwendung unserer eigenen Politik". Die EU stelle sich nicht auf eine Seite des Konflikts durch Waffenlieferungen und sei eine Friedensunion.
Sein luxemburgischer Amtskollege Jean Asselborn kommt sogar zu dem Ergebnis: "Wenn sich jeder wirklich an das hielte, was wir mal in der EU beschlossen hatten, nämlich ein Waffenembargo, gäbe es in Syrien heute nicht mehr diese Greueltaten." Auch Westerwelle bezweifelt den Nutzen von Waffenlieferungen: "Wir werden Syrien keinen dauerhaften Frieden und Demokratie durch eine militärische Lösung bringen. Entweder werden wir eine politische Lösung haben oder gar keine dauerhafte Lösung."
Im Moment herrscht bei der EU in Sachen Syrien Rat- und Hilflosigkeit. Die Regierungen klammern sich an die Hoffnung der geplanten Friedenskonferenz in Genf. Doch noch ist nicht einmal klar, ob sie überhaupt stattfinden wird.