EU-Gelder gegen Jugendarbeitslosigkeit
28. November 2014Als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch (26.11.2014) in Straßburg eine neue Initiative vorstellte, dessen Ziel es ist, rund 315 Milliarden Euro an neuen Investitionen in Europa anzustoßen, hat er nicht die Jugendarbeitslosigkeit betont. Aber EU-Politiker wissen, daß die Jugendarbeitslosigkeit historisch doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosigkeit ist.
In Krisenländern wie Spanien, Griechenland oder Italien sei die Arbeitslosigkeit generell sehr hoch, sagt Heike Solga, Ökonomin am Berliner Zentrum für Sozialforschung (WZB). "Es ist daher wichtig, die Gesamtwirtschaft in diesen Ländern anzukurbeln, dann entstehen auch neue Arbeitsplätze für junge Erwachsene. Arbitsplätze nur für junge Leute zu schaffen, geht nicht," so Solga weiter.
Nach Angaben vom Eurostat gab es im ersten Halbjahr 2014 rund 24,4 Millionen junge Europäer auf dem Arbeitsmarkt, rund ein Viertel davon waren arbeitslos.
Große Unterschiede zwischen den Ländern
In einigen Ländern ist die Rate niedriger - in Deutschland 7,5 Prozent. In anderen Ländern aber ist sie sehr viel höher. In Spanien beispielsweise findet jeder zweite junge Mensch keine Arbeit.
Die schwierigsten Fälle sind die NEETS, Menschen, die nicht beschäftigt, aber auch nicht in irgendeiner Form von Ausbildung sind ("Not in Employment, Education or Training"). Im Mai 2014 waren 7,5 Millionen junge Europäer NEETS - von insgesamt 57,5 Millionen jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahre.
"Viele junge Leute sind so weit vom Arbeitsmarkt oder von einer Ausbildung entfernt, dass unsere erste Aufgabe sein muss, die Kommunikation mit ihnen zu etablieren", sagt eine Sprecherin des französischen Arbeitsministeriums. EU-Politiker machen sich Sorgen über eine "verlorene Generation", und reagieren deshalb mit einer Reihe von Programmen, die die Beschäftigungschancen der Jugendlichen verbessern sollen. Aber Fortschritte bei ihrer Umsetzung werden nur langsam erzielt.
Ist die Jugendgarantie der EU erreichbar?
Im April 2013 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Gipfeltreffen in Brüssel auf eine sogenannte Jugendgarantie. Das war ein ambitioniertes Versprechen: Jedem EU-Bürger, der jünger als 25 ist, soll eine qualitativ gute Arbeit oder ein Ausbildungsplatz angeboten werden - und zwar innerhalb von vier Monaten, nachdem er die Schule verlassen hat oder arbeitslos geworden ist. Kurz darauf wurden der Europäischen Kommission sechs Milliarden Euro für das Programm zur Verfügung gestellt.
Max Uebe vom Jugendarbeitsressort bei der Kommission sagt im Interview mit der DW, dass es leicht sei, eine Menge Geld für Scheinlösungen wie Lohnzuschüsse auszugeben. Solche Maßnahmen trügen jedoch wenig oder gar nichts zur langfristigen Beschäftigung bei.
Um die Beschäftigung nachhaltig zu steigern, habe sein Team mit den Mitgliedsstaaten zusammen an nationalen Umsatzprogramme gearbeitet, sagt Uebe. "Es geht darum, gut durchdachte YEI (Youth Employment Initiative)-Programme zu entwickeln."
Es sei nicht realistisch, das Problem der Jugendarbeitslosigkeit zu lösen, ohne zugleich die in manchen EU-Ländern sehr hohe allgemeine Arbeitslosigkeit stark zu verringern, so Uebe weiter.
Praxisnäher ausbilden
Karl Brenke, Ökonom am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW), fordert, die Bildung und Ausbildung junger Menschen in vielen europäischen Ländern praktischer und beschäftigungsrelevanter zu gestalten.
"Das erfordert meist tiefgreifende Reformen des jeweiligen beruflichen Bildungssystems" sagt Brenke. So müssten Institutionen eingerichtet werden, die Ausbildungsgänge entwerfen, und solche, die die Qualität der Berufsausbildung überwachen und gewährleisten. "Da betriebsnahe Ausbildung oft die beste Form ist, müssen die Betriebe Ausbildungskapazitäten schaffen. All das ist mit hohen Kosten insbesondere in der Startphase verbunden." Mittel aus der Initiative Jugendgarantie könnten als Anschubfinanzierung genutzt werden, und den arbeitslosen Akademikern sollten praxisnahe Kurse angeboten werden, so seine Vorschläge.
Bis Ende November 2014 waren ein Viertel der sechs Milliarden Euro bereits im Rahmen der nationalen YEI-Programme von der Kommission genehmigt worden. Bis Ende des Jahres sollen es etwa 85 Prozent werden, sagt Uebe von der EU-Kommission.