EU gespalten beim Thema Libyen
11. März 2011Die EU hat sich zu einer einheitlichen Haltung zu Libyen durchgerungen. Doch die unmittelbaren Ergebnisse sind mager. Das konkreteste und gleichzeitig wohl banalste nannte Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Wir wollen, dass der Diktator Gaddafi abtritt. Er ist für uns kein legitimer Gesprächspartner mehr, weil er Krieg gegen seine eigene Bevölkerung führt." Die EU prüfe weitere Sanktionen, vor allem im finanziellen und wirtschaftlichen Bereich. Statt Gaddafi erkennt die EU den oppositionellen Übergangsrat in Bengasi als einen, aber nicht den einzigen Gesprächspartner an.
Französische Alleingänge
Frankreich hat stattdessen bereits im Alleingang den Rat als einzig legitime Vertretung des libyschen Volkes anerkannt. Das hat zu großen Irritationen in der EU geführt. Ebenso eigenmächtig hatte Präsident Nicolas Sarkozy schon kurz VOR Gipfelbeginn laut über gezielte Luftangriffe auf Libyen nachgedacht, wenn eine Reihe von Bedingungen erfüllt seien. Dies sei, so Sarkozy, die gemeinsame Position mit dem britischen Premierminister David Cameron. Es war jedoch absehbar, dass davon im Abschlussdokument nicht viel übrig bleiben würde. Sarkozy konnte dem Beschluss dennoch einiges abgewinnen. "Herr Cameron und ich sind sehr zufrieden, dass der Text andeutet, dass zum Schutz der Zivilbevölkerung die Mitgliedsstaaten, 'alle notwendigen Optionen prüfen werden'."
Starker Widerstand
Doch prüfen bedeutet in diesem Fall: auf die lange Bank schieben. Der Widerstand in der EU gegen jede Art von Militäraktionen ist groß. Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt, dessen Land kein NATO-Mitglied ist, sah überhaupt keine Zuständigkeit bei der EU in dieser Frage. "Meiner Meinung nach sollte jede Diskussion über eine Militärintervention eher beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, bei der Arabischen Liga, bei der NATO geführt werden. Das ist nicht die Verantwortung der Europäischen Union."
Konsequenzen ziehen
Der Brite Cameron drängt unterdessen auf eine vollständige Neuausrichtung der europäischen Nordafrikapolitik, die "nicht immer funktioniert" habe. Wegen der geographischen Nähe wirkten sich die Ereignisse in Nordafrika unmittelbar auf Europa aus. "Wir müssen den Wandel fördern, wir müssen die Milliarden Euro, die wir ausgeben, stärker von Bedingungen abhängig machen, und wir müssen diesen Ländern ein Angebot machen, das sich auf die massiven wirtschaftlichen Möglichkeiten gründet, die in mehr Handel und Zusammenarbeit mit Europa liegen."
Wie es nun weitergeht, hängt auch von der Konferenz der Arabischen Liga an diesem Samstag in Kairo ab. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy rief zu einem baldigen Gipfeltreffen mit der Liga und der Arabischen Union auf, um das weitere Vorgehen in der Libyen-Krise zu besprechen. Vor allem im Falle militärischer Maßnahmen gilt deren Zustimmung als unabdingbar.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Christian Walz