Proteste der Milchbauern vergeblich
28. November 2012Anfang der Woche hatten aufgebrachte Bauern mit hunderten Traktoren das Brüsseler Europaviertel lahmgelegt. Sie forderten mehr Geld für ihre Milch. Ihr Argument: Ohne Verlängerung der Milchquote und höhere Preise müssten viele Milchbauern in der EU aufgeben. An diesem Mittwoch (28.11.2012), als die EU-Landwirtschaftsminister zusammenkamen, waren die Demonstranten schon wieder abgezogen. Und allzu viel Verständnis für die Proteste gab es da auch nicht. Der österreichische Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich sagte zwar, Österreich habe vor Jahren versucht, die Milchquote, die 2015 auslaufen soll, zu verlängern, er habe aber bei seinen Amtskollegen kaum Unterstützung gefunden. Jetzt müsse man die Situation akzeptieren. Ohnehin sei die Milchquote heute keine Sicherheit mehr für die Bauern: "Man muss sich von diesem Märchen verabschieden." Stattdessen versuche die EU jetzt, die Position der Bauern zu stärken.
Käse statt Trinkmilch
Seine deutsche Amtskollegin Ilse Aigner verteidigte ebenfalls das baldige Ende der Quote und freie Preise. Die "Planwirtschaft" auf dem Milchmarkt müsse vorbei sein. Den Bauern riet sie, ebenso wie Berlakovich, sich stärker gegenüber den Abnehmern zusammenzuschließen, um mehr Marktmacht zu haben. Doch "das machen die Landwirte oft nicht", klagte Aigner. Ihr wichtigster Rat an die deutschen Milchbauern ist aber eine höhere Wertschöpfung aus Milchprodukten: "Käse, Quark - höhere Produktqualität. Wir haben im Vergleich zum Beispiel mit Frankreich oder Italien eine geringere Wertschöpfung pro Liter Milch, weil wir die Verarbeitung nicht so sehr in den Fokus gestellt haben." Deutsche Molkerein sollten außerdem ihre Exportstärke in Ländern wie Russland und China für den Absatz solcher höherwertigen Milchprodukte nutzen.
Die EU-Landwirtschaft soll grüner werden
Ein brandheißes Thema für alle europäischen Bauern sind die vergangene Woche gescheiterten Verhandlungen zum mehrjährigen EU-Haushalt. Der größte Posten im Budget sind die Landwirtschaftssubventionen. Die wiederum setzen sich zusammen aus Direktzahlungen und der Förderung der ländlichen Entwicklung. Letztere ist als Unterstützung von Umweltschutz und ökologischer Landwirtschaft gedacht, so jedenfalls das offizielle Ziel der EU. Doch gerade hier hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy Kürzungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag angeregt. Er will damit denjenigen Ländern entgegenkommen, die beim Gesamtbudget sparen wollen. Aigner bekannte sich als deutsche Ministerin zwar grundsätzlich zum Sparkurs ihrer Regierung in den Haushaltsverhandlungen, aber "nicht einseitig zulasten der Landwirtschaft". Und die Direktzahlungen verteidigte sie als "Sicherheitsnetz" der Bauern gegen die heftigen Marktschwankungen bei bestimmten Produkten. Umweltschützer dagegen kritisieren besonders die Direktzahlungen: sie förderten vor allem Großbetriebe und Monokulturen.
Sparen ja, aber nicht bei den Bauern
Der spanische Minister Miguel Arías Canete dagegen will ein größeres EU-Budget, für die Landwirtschaft sowieso und auch ganz allgemein. Spaniens Bauern profitieren besonders vom Geld aus Brüssel. Canete gibt sich für die weiteren Verhandlungen zuversichtlich, "weil wir starke Allianzen haben mit wichtigen Agrarländern wie Frankreich". Für den Österreicher Berlakovich kommt es dagegen auf die Art der Unterstützung an. Und da seien die Abstriche bei der ländlichen Förderung falsch: "Es kann nicht sein, dass die europäische Agrarpolitik ökologisiert werden soll und dass Länder wie Österreich, die seit Anbeginn der Europäischen Union ökologische Landwirtschaft betreiben, bestraft werden." Österreich, so Berlakovich, sei europäischer "Bioweltmeister". 20 Prozent der österreichischen Fläche seien biologisch bewirtschaftet. Und selbst sein schwedischer Amtskollege Eskil Erlandsson nennt Van Rompuys Kürzungspläne "für Schweden unannehmbar. Insgesamt vermindern sich damit die Einkünfte für Schweden." Dabei gehört Schweden zu den besonders sparfreudigen Ländern. Woran man wieder mal sehen kann: Wenn es um das eigene Ressort geht, will kein Minister Abstriche machen.